QualitÀt von Cocktails

Century

Neues Mitglied
Mir ist aufgefallen das mit zunehmendem Know How immer mehr Purismus Einzug hĂ€lt und die sogenannten Saft Cocktails meist sehr runtergemacht werden. Beispiel sind einige auch aktuelle Threads zum Thema Ausstattung wo gesagt wird ich brĂ€uchte nur noch die paar Sachen und dann ist gut. Auch viele Liköre, Sirup und die meisten SĂ€fte wĂ€ren nicht notwendig oder mĂŒssten garnicht sein.
Leidet darunter nicht auch etwas die Vielfalt? Warum sind denn Saft(pansche)Cocktails schlecht wenn sie doch so vielen Leuten gut schmecken?
Es wird immer wieder darauf verwiesen, die GĂ€ste merken den Unterschied und dann trinken Sie weniger aber intensiver.
Ist das wirklich so? Wollen die meisten nicht einfach etwas trinken (und Nein ich meine jetzt nicht dauerhaftes Komasaufen oder Àhnliches)?
FĂ€llt ungeĂŒbten Trinkern denn der Unterschied ĂŒberhaupt so stark auf?
Einige auch sehr bekannte Cocktails sind einigen auch einfach zu stark und Sie mögen die saftigen sehr viel lieber. Sollte man immer wieder versuchen auf Sie einzuwirken, ich denke nicht. Bei vielen kommt es mir aber so vor, als wenn Sie das schon so versuchen wĂŒrden. Ist nicht gerade auch dieses eine schöne Seite der Mixerei, das man immer wieder etwas neues findet und erfindet? Ich trinke und probiere eigentlich ganz gerne mal von allen Seiten her aus.

Wie ist es bei euch?
 
Es gibt verschiedene Mixschulen. - Es gibt verschiedene Kochschulen.
Alle haben ihre Zeit, ihre Macher, ihre GĂ€ste, ihre Berechtigung.
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Ich bevorzuge "klassische Bar".
Unplugged Cocktails, bei denen der Charakter der Basisspirituose durchscheint.

Ich kann begrĂŒnden,
warum ich diese Mixschule gut finde,
welche Vorteile sie bietet,
welche Nachteile sie hat
und warum sie meiner Ansicht nach mixo-logisch interessanter ist.
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Aber trotzdem bin ich gegen eine EngfĂŒhrung.
Weil, das was wir als "guten Geschmack" definieren
oder aber als "No Go Drink" ist so relativ, so zeitbedingt, so einseitig, so individuell,
daß das Zeitgeist-Pendel nach einiger Zeit in die andere Richtung schlagen kann.
Geschmack und Mixologie lÀsst sich nicht normieren.

Selbst das, was ich als Regeln der Kunst bezeichne,
ist nicht mehr als der "Forum Konsens", den es aber durchaus gibt.
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Aber...
Niemand weiß „definitiv“, was guter Geschmack ist.
Wir lehren ihn trotzdem. Denn es gibt gute Beispiele.
Geschmack lÀsst sich bilden.
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KĂ€mpft euch bitte durch diesen Thread:
http://www.cocktaildreams.de/smf/index.php?topic=4145.0
Hier wird eine Ă€hnliche Diskussion gefĂŒhrt.
Es lohnt sich, sie zu lesen.
 
Mir ist aufgefallen das mit zunehmendem Know How immer mehr Purismus Einzug hÀlt und die sogenannten Saft Cocktails meist sehr runtergemacht werden.
Ist eine Frage der Herangehensweise...
Nimm dir eine puristischen Cocktail, meist einen Klassiker, und nimm ihm die Basisspirituose.
Was du erhĂ€lst ist meist gesĂŒĂŸter Zitronensaft, ein paar Tropfen Bitters, eine Zeste, Öl o.Ă€.
Also eben kein Cocktail mehr. Denn bei dieser Art Cocktails gehts darum einen Akkord mit der Basisspirituose zu bilden,
vorsichtiges HinzufĂŒgen anderer Zutaten, um den Charakter der Basis zu ergĂ€nzen oder hervorzuheben.

Mach das selbe Spiel mit einem "Saftcocktail" ... Streich die Spirituose raus und bei einem massivem Anteil dieser Cocktails wirst du keinen signifikanten Unterschied erschmecken. (Ich sage hier nicht bei allen)

Die meisten Saftcocktails sind nichts anderes als eine Methode möglichst schnell und gefĂ€llig große Mengen Alkohol zu sich zu nehmen bzw. Alkohol zu sich zu nehmen ohne das man was davon schmeckt...
-> Das ist das GENAUE Gegenteil von der Forumskultur die sich hier entwickelt hat. Hier gehts um bewussten Genuß und nicht um blinden Konsum.

Deshalb wird hier beizeiten sehr allergisch auf Saftcocktails reagiert. Das ist einfach das falsche Forum dafĂŒr.

Und natĂŒrlich schmecken ungeĂŒbte Trinker den Unterschied. Viele Fans von Saftcocktails haben auch ihre Probleme, puristische Cocktails zu schĂ€tzen - ist mir selbst oft genug aufgefallen (gerade bei Frauen).
Viele mögen den Geschmack von Spirituosen nicht, auch weil er ihnen nie so bewusst aufgefallen ist.
Aber bei einem Oldfashioned kann man den Whiskey nicht ignorieren. Der ist da, der ist die Seele des Drinks.

Darum gehts. Denke ich.

 
Aber bei einem Oldfashioned kann man den Whiskey nicht ignorieren. Der ist da, der ist die Seele des Drinks.

Darum gehts. Denke ich.

Exakt.
Das meinte ich mit "Cocktails unplugged".
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Ohne aber Scheuklappen zu tragen.
Ich möchte an Torbens Beitrag auf Trinklaune erinnern:

"Klassische Drinks. Maß aller Dinge. Immer wieder sind vielen Leuten zu viele Drinks zu wenig klassisch, zu wenig reduziert, zu wenig gerĂŒhrt.

Dass der Trend zur Klassik geht finde ich fantastisch. Alkohol unter Sirups und SĂ€ften zu verstecken ist nicht mehr aktuell, und das ist erfreulich. Was aber meines Erachtens nicht zu vergessen ist, ist die Tatsache, dass Jerry Thomas und Co. mit den verfĂŒgbaren Produkten der damaligen Zeit gemixt haben. Was spricht also dagegen, es heute genauso zu machen? Warum zum Beispiel Mozart Black Chocolate als zu neu, zu modern, zu fancy ablehnen? Ein meines Erachtens sehr gutes Produkt, das neue Wege fĂŒr Drinks öffnen kann; sĂŒĂŸ und trotzdem nicht platt und langweilig. Wenig Alkohol, trotzdem aromatisch.

Ich erinnere mich an ein GesprĂ€ch mit einem befreundeten Bartender zurĂŒck, der sagte: „Keine Liebe fĂŒr die Fancys“! Ich erwiderte, dass niemand mit einem Sazerac Rye-Manhattan oder einem Martini Cocktail einen gelungenen Einstand in die Cocktailwelt feiern wird, vergleichbar mit Schokolade mit hohem Kakaoanteil und sehr trockenen Weinen. Jeder muss sich an diese GenĂŒsse gewöhnen, sich herantasten, bevor man sie voll erfassen kann. Und anstelle einer Saftbombe empfehle ich meinen GĂ€sten immer gern einen Collins in the Garden (mit St. Germain und Gurke), wer es etwas krĂ€ftiger mag auch als In The Garden Cocktail ohne Soda oder einen schönen El Dorado Sour auf Eis! Cheers!"
http://trinklaune.de/2009/07/10/es-muss-nicht-immer-klassisch-sein
 
Interessanter und mE auch wichtiger Beitrag.

ich möchte ihn von einer anderen, aber analogen Seite betrachten, der Musik.
Auch hier findet es Àhnliche Grundsatzdiskussionen, gibt es (und gab es immer) die Verfechter der klassischen reine Lehre, welche Modernisierungen oder sog. U-Musik grundsÀtzlich ablehnen bzw. als minderwertig betrachten.

Dabei vergessen sie aber zwei wichtige Dinge:
1. auch das Alte war einmal neu
2. viele sog. klassische Werke wurden primĂ€r zum lustvollen Hören denn zur intellektuellen Diskurs geschrieben (wobei das eine das andere mE keineswegs ausschließt)

Zudem gibt es QualitĂ€t in allen Bereichen (ein gut gemachter Gin Fizz ist mir 100 mal lieber als ein lauwarmer Manhatten), oder wie Karl Kraus einmal meinte, "dass ein gut gemalter Rinnstein allemal einen schlecht gemalten Palast Ă€sthetisch ĂŒbertrifft".

Und: Sind denn Juleps, Fizzes, Collins, Coladas etc., wenn sie gut gemacht sind, nicht herrliche Drinks? 8)

 
Century, ich verstehe dich. Vor kurzem stand ich selbst an dieser Stelle und noch immer bin ich dir nÀher als den KoryphÀen hier im Forum, zu hoch liegt das Niveau hier, als dass man in Nullkommanichts mit ihnen gleichziehen könnte.

Du musst das ganze als ne Art Puzzlespiel sehen. Wenn du mit nem 10.000 Teile-Puzzle anfĂ€ngst, dann sitzt du erstmal vor nem Berg Teilen und keiner Ahnung wo du anfangen sollst. Als Kind fĂ€ngst du mit nem Puzzle mit 100 Teilen an, spĂ€ter machst du eines mit 1000. Und selbst dann wird dich das 10.000er fordern. Du fĂ€ngst mit dem Rand an und tastest dich vor! Der Geschmack ist ebenso komplex. Du beginnst mit nem Saftcocktail, kannst ihn leicht genießen, die Anforderungen daran tendieren gen Null. Ich habe diesen Umstand sehr lange sehr geschĂ€tzt! So sehr, dass ich die Menschen hier mit ihren 10.000er Puzzlen nicht verstehen konnte. Im Moment taste ich mich langsam dran und stelle fest, dass die Anforderungen daran in höchstem Maße Spaß machen. Ich hab nun ein paar 1000er Puzzle zusammengesetzt und versuche immer weiter zu gehen.

Das ist das, was ich dir empfehlen kann. Lass dich nicht davon abhalten, dass dir das eine oder andere nicht schmeckt, obwohl es hier in höchstem Maße empfohlen wird. Vieles kann man einfach nicht sofort begreifen, auch ich kann z.B. den Charakter eines Rums noch sehr schwer beschreiben, ich nehme das, was ich fĂŒr mich feststelle, auch wenn ein kenner schmunzeln wird, wenn er meine Rumbeschreibungen liest. Dies zu können, ist dann irgendwann die Ebene der 10.000 er Puzzle!
 
Das Puzzle Beispiel hat was, aber ich wĂŒrde es noch etwas anders formulieren.
Die Entwicklung geht weniger vom Kleinen zum Großen, weniger vom Einfachen zum Komplexen...
Vielmehr fĂŒhrt der Weg von der QuantitĂ€t zur QualitĂ€t, in die Tiefe der Mixologie, zum Kern eines Drink
und zur Seele wie es Houdin sehr schön formuliert.



Mir ist aufgefallen das mit zunehmendem Know How immer mehr Purismus Einzug hÀlt und die sogenannten Saft Cocktails meist sehr runtergemacht werden.
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Ist eine Frage der Herangehensweise...
Nimm dir eine puristischen Cocktail, meist einen Klassiker, und nimm ihm die Basisspirituose.
Was du erhĂ€lst ist meist gesĂŒĂŸter Zitronensaft, ein paar Tropfen Bitters, eine Zeste, Öl o.Ă€.
Also eben kein Cocktail mehr. Denn bei dieser Art Cocktails gehts darum einen Akkord mit der Basisspirituose zu bilden,
vorsichtiges HinzufĂŒgen anderer Zutaten, um den Charakter der Basis zu ergĂ€nzen oder hervorzuheben.

Mach das selbe Spiel mit einem "Saftcocktail" ... Streich die Spirituose raus und bei einem massivem Anteil dieser Cocktails wirst du keinen signifikanten Unterschied erschmecken. (Ich sage hier nicht bei allen)

Die meisten Saftcocktails sind nichts anderes als eine Methode möglichst schnell und gefĂ€llig große Mengen Alkohol zu sich zu nehmen bzw. Alkohol zu sich zu nehmen ohne das man was davon schmeckt...
-> Das ist das GENAUE Gegenteil von der Forumskultur die sich hier entwickelt hat. Hier gehts um bewussten Genuß und nicht um blinden Konsum.

Deshalb wird hier beizeiten sehr allergisch auf Saftcocktails reagiert. Das ist einfach das falsche Forum dafĂŒr.

Und natĂŒrlich schmecken ungeĂŒbte Trinker den Unterschied. Viele Fans von Saftcocktails haben auch ihre Probleme, puristische Cocktails zu schĂ€tzen - ist mir selbst oft genug aufgefallen (gerade bei Frauen).
Viele mögen den Geschmack von Spirituosen nicht, auch weil er ihnen nie so bewusst aufgefallen ist.
Aber bei einem Oldfashioned kann man den Whiskey nicht ignorieren. Der ist da, der ist die Seele des Drinks.

Darum gehts. Denke ich.
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Ich finde die ErklÀrung sehr gut.
Eine kleine EinschrÀnkung von meiner Seite:

Deshalb wird hier beizeiten sehr allergisch auf Saftcocktails reagiert. Das ist einfach das falsche Forum dafĂŒr.
[/quote]

Das GefĂŒhl vermitteln wir, ja. - Manchmal fehlt "uns" eine gewisse Toleranz.
Dadurch grenzen wir aber auch u.U. bewĂ€hrte Member aus, die ĂŒberlegt und mit ĂŒberzeugenden Ergebnissen
auch gerne mit Saft und Sirup mixen und QualitÀtsprodukte produzieren. Unsere beiden Rezepte-Admins comander und Backju zÀhle ich dazu.




 
http://img.webme.com/pic/m/mix-perience/dooley.jpg
 
Ich möchte an dieser Stelle auch noch mal auf folgenden Thread hinweisen:
Cocktails im 21.Jahrhundert

Kein Stillstand, keine verkrampfte Pseudo-AuthentizitĂ€t und sicher kein Purismus, neue Rezepte mit Niveau gibt es genĂŒgend.
 

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