„Hamburg – eine kleine Reise mit Zwischenstationen an empfehlenswerten Restaurants und stilvollen Bars“, so könnte man vielleicht meine letzte Woche betiteln.
Beruflich bin ich momentan für ein paar Wochen in Hamburg, nur alleine habe ich zumeist nicht die Muße abends rauszugehen. Museumsbesuche, durch Planten un Blomen schlendern, die Stadt etwas erkunden geht ja alles noch, aber Restaurants und Bars lassen sich zu zweit doch viel besser aushalten. Daher war meine Freundin von Montag bis Freitagnachmittag mit mir unterwegs.
Es startete am Montagabend mit zwei reservierten Plätzen im
"Le Plat Du Jour". Das Lokal war voll, das Essen aber schnell – für mich in einem angenehmen Tempo serviert. Die Karte ist klein und fein. Tagesempfehlungen werden persönlich vorgetragen, der Wein dazu schmeckte (besonders die Muskateller-Empfehlung, toll!) Rundum eine Empfehlung, ich hatte ausgelösten Kaninchenrücken als Vorspeise, Schweine-Schinkenfleisch als Hauptgang und einen Windbeutel am Schluss, für 29.50€. Mit Wein, Wasser und Trinkgeld waren meine Freundin (Carpaccio, Lamm, Creme Brûlée) und ich schließlich bei 85€, völlig gerechtfertigt.
Wohlgenährt schlugen wir uns zur
"20up"-Bar im Empire Riverside Hotel durch. Die Reservierung war dringend notwendig, die Bar nämlich ziemlich voll und alle Tische am Fenster belegt. Und – wenn ich ehrlich bin – war diese Aussicht am Fenster auch der einzige Grund hierherzukommen. Wir hatten Glück und haben hinten rechts den Ecktisch erwischt, einer der beiden Tische die in zwei Richtungen über Hamburg blicken können. Spektakulär! Zusätzlich zog Nebel auf und bald konnte man die Trockendocks im Hafen gar nicht mehr sehen – im Gegensatz zu den Cocktails sehr eindrucksvoll.
Die Bedienung hat lange auf sich warten lassen (ebenso wie die Drinks) und wollte meiner Freundin dann von den Qualitäten eines Myers Rum überzeugen, musste für die Frage, welchen Rye sie verwenden, nachfragen (haben nur Jim Beam).
Wir orderten trotzdem einen Planter‘s Punch mit El Dorado 15 statt Myers sowie einen Sazerac. Ersterer kam im üblichen Ikea-Glas daher und war auf der sehr süßen Seite. Mehr Rum und Muskat hätten ihm gutgetan. Meiner kam in einer viel zu großen Cocktailschale auf den Tisch und war ebenfalls zu süß. Ob man eine Orangenzeste im Drink haben möchte ist sicherlich strittig, für mich war es so gerade noch in Ordnung. Nach diesen durchschnittlichen Werken wollte ich das Thomas Henry Ginger Beer probieren und bestellte einen Dark’n’Stormy – der eigentlich so gar nicht heißen dürfte, denn Goslings gibt es in der Bar nicht. Eigentlich wird ein „Spiced Rum“ verwendet. Ich entschied mich lieber für die Standardabfüllung von Mount Gay. Der Cocktail selbst war gefällig, gemuddelter Ingwer und Gurke – Hendrick’s lässt grüßen – passten gut zum angenehmen Ginger Beer, wobei Limette anstatt Zitrone noch besser gewesen wäre.
Am Ende waren 37€ für drei brauchbare Cocktails und eine wunderbare Aussicht fällig – ob es das einem Wert ist, muss jeder selbst entscheiden.
Auf den nächsten Abend habe ich mich besonders gefreut, es fing mit dem
"Meatery" an. Sehr modisches Design, das annehmbar ist. Freundliche und aufmerksame Bedienung. Die Karte beeindruckt in jeglicher Beziehung – sie ist riesig (von den Ausmaßen her!) und besteht aus einer beidseitig bedruckten Metallplatte mit Lederummantelung.
Wir entschieden uns beide für 600gr Bone-in Rip-Eye vom Husumer Weiderind (etwa 150gr Knochen abziehen). Vorweg gab es etwas wirklich gutes Sauerteigbrot, die Steaks selbst kamen auch recht fix. Großes Lob: So ein gutes Steak habe ich bisher noch nicht gegessen! Einfach delikat, so muss Fleisch sein. Würzig, mit Geschmack, von außen fast schon knusprig, alle Daumen hoch.
Als Beilagen gab es für mich Waldpilzrisotto (mit Blaubeeren, gute Kombination), Kalbsjus und Tomatenbutter, für meine Freundin Pommes allumettes, Mango-Chili-Tomatensoße und Chilibutter. Das Risotto – himmlisch, ebenso wie die Pommes. Sowas delikates ist schwierig zu finden. Am Ende einigten wir uns noch auf Sorbet zu zweit, besonders die Basilikumkugel stimmte schon auf den weiteren Abendverlauf ein.
Letztendlich waren wir mit Trinkgeld bei 120€, hatten aber nur Fleisch, den Nachtisch und eine Flasche Wasser bestellt. Ein Erlebnis war es definitiv, aber keines, was sich sonderlich oft wiederholen wird. Vielleicht der einzige kleine Mangel: Ich bestellte Kräuterbutter, bekam aber eine andere Butter geliefert. Der Servicemitarbeiter wollte sich darum kümmern und vermutete, dass die Kräuterbutter gerade aus ist. An unserem Tisch tauchte er nicht wieder auf, dafür bei zwei weiteren Gästen und servierte dort u.a. Kräuterbutter…
Das Highlight des Abends war das
"Le Lion". Etwas irritiert wurden wir von einem jungen Herren eingelassen, der nichts von unserer Reservierung wusste. Herr Meyer konnte anscheinend weiterhelfen, obwohl ich das Gefühl nicht ganz los wurde, dass wir nicht eingeplant waren. Wären noch die angekündigten weiteren Gäste gekommen, wäre es eng geworden. Und das bei Bestätigungsemails von Herrn Meyer und auch noch von Herrn Kappes
Der restliche Abend war schlicht und ergreifend perfekt. Tolle Drinks (Gin Basil Smash, Rum Port, New York Sour und Mezcal pur sowie als Negroni), tolle Einrichtung, toller Gastgeber – was will man mehr im Leben? Am nächsten Tag nicht arbeiten müssen, das wäre vielleicht noch was gewesen.
Besonders hervorheben möchte ich die Rechungspolitik von Herrn Meyer. Ich fragte nach etwas Mezcal pur als auch im Cocktail zum Probieren, er hatte zwar keine ganze Flasche da, aber es fand sich noch ein kleines Probenfläschchen von einem Importeur aus Berlin. Mich konnten das Produkt als auch der Drink völlig überzeugen*.
Ein Blick auf die Rechnung von 41€ überraschte, ein Drink fehlte. Die Nachfrage ergab, dass alles korrekt sei. Den Mezcal wollte ich ja nur probieren, den könnte er mir ja nicht in Rechnung stellen – ein unglaublich guter Service! Um 50€ erleichtert und nach einem paar netten Sätzen("Wir kennen uns vom Sailor Jerrys Blog Battle, Saggin Jowls Ron" – "Ah, Sie sind das? Das freut mich!") verließen wir die Bar.
Am Mittwoch liefen wir im Schanzenviertel etwas umher (seltsamer Stadtteil in meinen Augen) und wollten uns mit einer Bekannten im
"Lubaluft" treffen. Leider stimmten die Informationen auf der Website nicht und die Bar öffnete erst um 20 Uhr. So zogen wir die Straße weiter rauf und bezogen in der Raucherbar
"3Freunde" Quartier.
Ganz gemütlich eingerichtet, netter Empfang, noch recht leer, das Publikum gemischt. Ein Cocktailnerd schien am Nebentisch zu sitzen, weiter vorne fand sich später die Biertrinkerfraktion ein, die wohl doch noch für Cocktails zu begeistern waren.
Wir wurden schnell bedient, die Karte hatte einen schönen Mix aus Eigenkreationen sowie Klassikern und beim Gin Tonic kann man sich durch zig Variationen trinken. Gut gemacht. Für mich gab es einen Imperial Blueberry Fizz (mit Hine und Geldermann) und später einen Cherry Rum Smash. Die beiden Damen in meiner Begleitung tranken Penicillin,
Plum Cake, und zwei weitere Eigenkreationen.
Alle Cocktails waren handwerklich solide gemacht, die Bardame war sowohl nett als auch fachkundig, aber ich weiß nicht, das Tüpfelchen auf dem i fehlte. Vielleicht bin ich nun nicht ganz objektiv, da wir uns an dem Abend eher angeregt unterhielten und meine Konzentration nicht völlig auf dem Flüssigen lag. Trotzdem ist die Bar empfehlenswert, gerade Preis/Leistung stimmen völlig. Zwischen 18 Uhr und 21 Uhr ist Happy Hour (davon mag man halten was man möchte, ich bin kein Unterstützer davon), und wir gingen am Ende mit einer Rechnung von 36,50€ hinaus.
Wer auf einen guten Cocktail nicht verzichten möchte, seine Freunde jedoch nicht für klassische Bars begeistern kann, ist hier richtig.
Das waren nun nur die Highlights der Woche, jede Bar hat auf ihre Art und Weise gefallen. Wobei die 20up am wenigsten mit Cocktails, als vielmehr mit der Aussicht, überzeugt hat. Beide Restaurants sind bedenkenlos zu empfehlen, den Freitag hätten wir gerne noch im Restaurant Marseille ausklingen lassen, leider war hier geschlossene Gesellschaft.
*Real Minera Espadin Largo Tripon Barrill