Bier aus der Flasche - Kutur oder Unkultur?

Kuglblitz

Neues Mitglied
Ich oute mich hier mal als einsamer Verfechter der Glaskultur beim Bier.
Bier ist mE viel zu gut, um es als Fastfood direkt aus der Flasche zu trinken, leider hat sich diese Unkultur inzwischen auch in sehr guten Lokalen oder Bars eingenistet. Bei Wein wäre es undenkbar, bei Bier ist es inzwischen fast die Regel. Traurig...
 
Zu Hause mit Freunden ist mE gegen die Flasche nichts einzuwenden. In Lokalen ist das aber wirklich unangebracht. Vor allem in Restaurants, wobei ich sagen muss, dass mir das noch nie untergekommen ist. In Clubs ist es ja durchaus üblich ein Corona mit Limettenscheibe in der Flasche zu reichen; da ich aber nicht viel in Clubs unterwegs bin, bin ich mit dieser Unsitte nicht wirklich konfrontiert :)


MfG
 
Abgesehen von der mangelnden Glaskultur:
Um Bier haltbar zu machen wird ja beim Abfüllen zusätzlich Kohlensäure in die Flasche gepresst. Wird das Bier richtig und langsam eingeschenkt oder gezapft, wird die Kohlensäure wieder frei und das Bier wird wieder natürlich mild bzw. bekommt seinen schönen Schaum. Die ganzen Dinge wie Sparkling etc. sind ja nur Marketingschmähs.

Wenn wir also bei Cocktails auf kleinste Details Wert gelegt wird: richtiges Glas, schöner Schaum etwa bei Silver Fizzes, richtig Temperatur, abgestimmte Kohlensäure bei Fizzes, Duft, Gefühl der Lippen beim ersten Schluck etc. - warum dann bei Bieren komplett darauf verzichten?
 
Ist für mich ein wenig eine Charakterfrage. Ein Craft Beer / besonderes Bier / wieauchimmer-Bier würde ich immer aus einem schönen Glas trinken. Mit genug Raum für die Entfaltung einer Nase, mit Zeit usw.

Aber z.B. ein Feierabendbier, das primär erfrischen soll, nehme ich auch gerne aus der Flasche. Reicht dann auch so - Trinken muss nicht immer zur Wissenschaft stilisiert werden. Manchmal ist es das Beste, einfach ein Bier aus der Flasche zu trinken und nicht weiter darüber nachzudenken....
 
Ich bin absolutes Kolbenkind.
Trinke nur wenige Biere gezpaft lieber und präferiere in nahezu allen Fällen die Flasche.
Liegt auch daran, dass die wenigsten Menschen fähig sind, ein Bier perfekt zu zapfen (ich inklusive).
Die Jungs aus der Raclette Bar sind da für mich die Könige...noch nie so ein gut gezapftes Bier wie dort getrunken.
 

Ist für mich ein wenig eine Charakterfrage. Ein Craft Beer / besonderes Bier / wieauchimmer-Bier würde ich immer aus einem schönen Glas trinken. Mit genug Raum für die Entfaltung einer Nase, mit Zeit usw.

Aber z.B. ein Feierabendbier, das primär erfrischen soll, nehme ich auch gerne aus der Flasche. Reicht dann auch so - Trinken muss nicht immer zur Wissenschaft stilisiert werden. Manchmal ist es das Beste, einfach ein Bier aus der Flasche zu trinken und nicht weiter darüber nachzudenken....

Signed. Es kommt auf das Bier und die Gelegenheit dan. IMHO wäre es Verschwendung ein gutes Craft Bier mit einer tollen Hopfenblume aus der Flasche zu trinken. Selbstgebrautes Bier trinke ich ohnehin aus dem Glas, um das Hefesediment nicht vom Flaschenboden aufzuwirbeln. Aber beim Fußballabend "mit Niveau" und entsprechendem Bier muss das nicht unbedingt sein ;).
 
Ich kann mich als Kind noch gut erinnern, dass kräftige Kerle auf Baustellen Bier aus der Flasche tranken, dass dies zugleich aber der einzige Ort war, wo dies so praktiziert wurde. Überall sonst war das Glas Pflicht.

Inzwischen hat sich dies verschoben, gleichzeitig ist aber - zumindest hier in Österreich - die Qualität vieler Bieres als Alltagsgetränk gesunken. Zugleich stiegen aber offensichtlich die Marketingbudgets, denn Bier wurde nicht nur erheblich teurer, sondern auch viel intensiver beworben.
Und so wurde es auch "cool", Bier aus Flaschen zu trinken, wobei - praktischer Nebeneffekt für die Brauereikonzerne - die Qualitätsmängel viel weniger auffielen. Betriebswirtschaftlich betrachtet also ein voller Erfolg.

Dennoch: Bier ist mE ebenso wenig ein Flaschengetränk wie Wein, und es so in einer guten Bar zu servieren oder zu trinken halte ich für eine populistische Geschmacksverirrung.
 
Ich kann mich als Kind noch gut erinnern, dass kräftige Kerle auf Baustellen Bier aus der Flasche tranken, dass dies zugleich aber der einzige Ort war, wo dies so praktiziert wurde. Überall sonst war das Glas Pflicht.

Inzwischen hat sich dies verschoben, gleichzeitig ist aber - zumindest hier in Österreich - die Qualität vieler Bieres als Alltagsgetränk gesunken. Zugleich stiegen aber offensichtlich die Marketingbudgets, denn Bier wurde nicht nur erheblich teurer, sondern auch viel intensiver beworben.
Und so wurde es auch "cool", Bier aus Flaschen zu trinken, wobei - praktischer Nebeneffekt für die Brauereikonzerne - die Qualitätsmängel viel weniger auffielen. Betriebswirtschaftlich betrachtet also ein voller Erfolg.

Dennoch: Bier ist mE ebenso wenig ein Flaschengetränk wie Wein, und es so in einer guten Bar zu servieren oder zu trinken halte ich für eine populistische Geschmacksverirrung.


Man kann auch übertreiben. Für mich zumindest ist Bier ein Erfrischungsgetränk, ein Durstlöscher und viel alltäglicher als z.B. ein Cocktail. Im Restaurant trinke ich ein Bier auch im Glas, Weißbier z.B immer. Dennoch schätze ich es ungemein beim Grillen, Fussballschauen etc mit freunden ein Helles aus der Flasche zu trinken. Für mich hat das neben der meiner Meinung nach besseren Kühlwirkung auch einen Geselligkeitswert.
Dieses Brimborium um Bier überhaupt geht mir sogar langsam auf den Zeiger. Ich bin leidenschaftlicher Biertrinker, finde aber, dass man ein Bier nicht sezieren sollte, wie man es gerne bei einem Cocktail tut. Wenn ich von crafted beer lese, stellen sich mir die Haare zu Berge. Handwerk sollte hinter jedem Bier stecken; neue Aromahopfen und Bier das nach Ananas oder Whiskey schmeckt sind für mich als Franken allerdings daneben. Werde ich im Leben nie trinken, denn ich finde der Zauber eines guten Bieres liegt in seiner Einfachheit. Bin da bestimmt auch etwas beeinflusst durch ältere Generationen, aber das ist eben meine Einstellung zum Bier.
 
Dass die bierqualitaet sinkt halte ich fuer schwachsinn.
Ich kann gar nicht soviel bier trinken wie es fantastische produkte gibt.
Habe zum spass gerade wieder den vergleich gemacht. Meckatzer und
Tannenzaepfle je aus flasche und glas. Minimalste unterschiede...
Auf jeden fall keine geschmackserweiternde oder optimierende effekte.
Ich bin mir sicher dass das auf 95% der flaschen produkte zutrifft.
 
Ja also ich habe Bier vor allem als Flaschengetränk kennengelernt. Wobei es da große Unterschiede gibt. Die Tschechen mit denen ich gesprochen habe, können es schier gar nicht verstehen, dass man in der Kneipe Bier in der Flasche kriegt (das kann man sich ja dann auch zuhause kaufen). Aber die haben auch eine Kneipenkultur, die deutlich anders ist als hierzulande.
Ich finde ja es gibt nicht tolleres als das gute Ploppen eines Flens', aber ich bevorzuge ja auch die norddeutschen Biere.
Und ich finde manche Biere und zu manchen Gelegenheiten sollte man ausschließlich aus der Flasche trinken. Bei anderen bevorzuge ich einen Steinkrug. Kommt halt auch drauf an, ob es im Sitzen oder im Stehen getrunken wird. Und da die meisten Kneipen in Heidelberg eh kaum Sitzgelegenheiten haben bzw. diese ständig belegt sind, ist dort ein Flaschenbier völlig ok.
Also mein Fazit: hat nichts mit Sitte oder Unsitte zu tun, sondern mit der Gelegenheit. Es lohnt sich nicht daraus eine Grundsatzfrage zu machen.
 

Ihr unterscheidet zwischen gezapft (dadurch logischerweise im Glas) und aus der Flasche trinken.
Man kann auch eine Flasche Bier in ein Glas füllen.

Wenn jemand meint, dass es für ihn grad praktischer und angenehmer ist (z.B. unterwegs) es aus der Flasche zu trinken,
dann ist das absolut legitim, dann gerät allerdings das Getränk und damit auch der Genuss eher in den Hintergrund. Dann ist es Beiwerk. Absolut legitim, aber eben etwas völlig anderes, als was hier im Forum hochgehalten wird: Der Genuss.

Die Frage ob ein Bier gezapt aus dem Fass oder aus der Flasche unterschiedlich besser schmeckt und ob man das überhaupt generalisieren kann, kann man gerne unter dem Genussaspekt diskutieren. Aber bitte nicht die Frage ob man aus der Flasche trinken sollte. Das ist keine Genussfrage.

Ich muss Kuglblitz insofern zustimmen, dass es mittlerweile viele Biere, wie Becks gibt, die fast keinen Geschmack haben und in Massen getrunken werden können. Die Auswahl an anderen Bieren ist jedoch riesig, wenn auch die Verfügbarkeit regional sehr unterschiedlich ist.
 
Bier aus der Flasche kann eine Gefühlsfrage sein. Und damit eindeutig auch den Genuss tangieren!
 
Bier aus der Flasche kann eine Gefühlsfrage sein. Und damit eindeutig auch den Genuss tangieren!
Emotionen und Geschmacksempfinden, das wäre doch ein interessantes Thema zum darüber referieren, wie sie einander beinflussen. Heisst ja, wer verliebt ist versalzt Speisen. Zurück zum Thema, mein Beitrag zur Diskussion: Ich trinke kein Bier ;D
 
Es gibt nur eine Ausnahme, bei der ich ein Bier aus der Flasche trinke: Im Garten beim Grillen. Ansonsten ist ein Glas Pflicht. Die Braumeister investieren so viel Energie in ihr Bier, da will es auch in Gänze sehen und nicht nur durch die dunkle Flasche schmecken. Und der Anblick der aufsteigenden Kohlensäure trägt für mich auch zur Erfrischung bei.
 
Astra Urtyp - "Mit viel Liebe gebraut"
http://www.astra-bier.de/de/astra.html
;)
 
Es wurde ja schon viel richtiges gesagt. Ich tendiere durchaus dazu, ein Glas zum Bier zu bestellen, auch wenn es in der Flasche verkauft wird. Zum Feierabend trinke ich es dann doch lieber aus der Flasche - auch ein tolles schottisches Punk IPA.
Es ist wohl ähnlich wie bei Wein und Champagner: oft möchte ich die volle Geschmacksdröhnung, dann muss ein entsprechendes Glas her. Trotzdem hatte ich wahnsinnig viel Spaß mit Wein aus der Flasche nachts unterm Eifelturm und bei unvergesslichen Feiern kam der Champagner auch oft direkt aus der Flasche.
 
Ist es nicht ein wenig übertrieben jedes Getränk zur Wissenschaft zu Erheben?
Sind wir doch ehrlich: Gerade das 0815 Pils/Lagerbier kann man doch trinken wie man will. Dose, Flasche, Glas, es soll niemand behaupten, dass er das Pils seines exquisiten Geschmackes wegen trinkt.
Mein Pils trink aus dem Behältnis was gerade zur Hand ist (und ganz ehrlich lieber aus der Flasche als aus dem Glas).
Und mit Liebe ist das Zeugs sowieso nicht gebraut. Weder Becks noch Heineken (ok, die beiden zählen auch nicht als Bier), noch sonst eines der Grossen Biere.

Bei speziellerem Bier trinke ich gerne aus dem Glas. Meist wird das aber sowieso im Glas serviert.

Fazit: "Normales" Bier gehört in die Dose oder die Flasche :p
 
Ist es nicht ein wenig übertrieben jedes Getränk zur Wissenschaft zu Erheben?
...

Zustimmung, es kommt wie bei den meisten Dingen im Leben immer auf die Situation darauf an.

Ich habe Bier in Mexiko in einem Speiserestaurant aus der Flasche getrunken weil alle das so getan haben, ich habe heute Abend vor dem Abendessen in der Küche bei meinem Sohn Bier aus der Flasche getrunken weil es adequat war und jetzt sitze ich zuhause vor meinem Laptop und trinke Bier aus einem Steinkrug. Ich habe auch in China in einem Speiserestaurant Bier aus einem Glas getrunken während ein anderer Gast in Ermagelung eines Spucknapfs auf den Teppichboden gespuckt hat.

Worauf kommt es an, auf das Glas, den Inhalt oder das Ambiente? ;)
 
Interessante Fragestellung Kuglblitz. - Mich würde deine Beobachtung auch stören.
Aber....


Bier aus der Flasche kann eine Gefühlsfrage sein. Und damit eindeutig auch den Genuss tangieren!
[/quote]

Ganz genau. Die Gefühlslage beeinflusst den Genuss.

Ich denke es gibt zum einen im kulinarischen Bereich einen objektiven Bereich, ein falsch oder richtig
(Sekt in der Sektschale : falsch, aus einem hohen, schlanken Glas: richtig )
und einen subjektiven Bereich, der Dinge als gut oder schlecht, passend oder unpassend betrachtet.
In verschiedenen kulturellen Zusammenhängen (Hochkultur, Subkultur) kann man solche Fragen unterschiedlich beantworten.

Ich trinke kein Bier, würde mich aber vermutlich immer für ein Glas entscheiden - doch das liegt an meiner kulturellen Sozialisation.
Klassik oder Rock'n'Roll?, Sekt oder Selters?, Lackschuh oder Sneakers? - Da geht es um Vor-lieben.
Die Beantwortung dieser Fragen berührt das Gefühl, das Lebensgefühl
und hat damit Einfluss auf das ästhetische Erleben, auf den Genuss.
und werden oft situations-und zeitbedingt beantwortet:


Aber z.B. ein Feierabendbier, das primär erfrischen soll, nehme ich auch gerne aus der Flasche. Reicht dann auch so
[/quote]
 
Ich denke , wir sollten hier zwei Punkte trennen:

1. den persönlichen Genuss. Dieser ist, wie der Name schon sagt, persönlicher Natur. Wenn jemand also meist, dass ihm Bier aus der Flasche besser schmeckt, ist dagegen nichts einzuwenden.

2. der Genuss - und darum geht es mir hier eigentlich - im Umfeld eines guten Restaurants oder einer guten Bar.
Dazu zwei Beispiele. Ein schönes Restaurant im Burgenland. Gutes Essen, guter Wein, guter Service. Neben uns ein Herr, der das Glas leer lässt, und sein Bier gleich direkt aus der Flasche nuckelt. Eine sehr gute Bar in Wien: exzellenter Drink, feine Glaskultur. Daneben eine Gruppe, die Bier aus Flaschen trinkt.
Gut, könnte mir egal sein, ist es aber nicht. Denn genauso wie es Messer und Gabel gibt oder wie manche gute Locations eine Garderobe oder gar einen Dresscode haben, sollte es mE dort, wo Getränke aufwändig zubereitet werden oder wo Wein gut und teuer ist, auch eine Kultur des Biertrinkens geben.
Wir wehren und zu Recht gegen Fast Food, haben hier einen fast missionarischen Eifer, Leute von Billigspirituosen wegzubringen, führen nerdige Diskussionen über die richtigen Eiswürfel, beim Bier ist uns aber aber das alles egal?
 
Es geht dir also um die (Trink)-Kultur, auf die Einigung auf Standards, auf verbindliche Codes, richtig?
 
Ich habe gar nicht den Eindruck, dass hier allen alles egal ist. Ich habe differenzierte Meinungen und Antworten auf deinen Initialbeitrag gelesen - keineswegs Aussagen wie 'alles lax'.

Bier unterscheidet sich von Wein als Kulturgetränk. Beide sind unterschiedlich. Bier schmeckt im Gegensatz zu Wein allerdings auch aus der Flasche. Und warum sollte man an solche Dinge immer dogmatisch-reglementierend herangehen statt individuell und frei? In einem guten Restaurant würde ich mein Bier auch immer aus dem Glas trinken. Aber wer sich in einer Bar, möglicherweise stehend, mit dem Bier aus der Flasche wohler fühlt - warum nicht? Dem den Stempel der kulinarischen Barbarei aufzudrücken, halte ich für nicht notwendig.

Diese Diskussion touchiert die Frage nach - mE durchaus typisch deutschem - Totreglementieren des Genusses. Am Ende gilt es, so viele sichtbare und unsichtbare Regeln zu beachten, dass entspannter Genuss gar nicht mehr möglich ist. Der Grund, warum sich viele, gerade junge Leute, nicht trauen, in Sternerestaurants zu gehen.

Biergenuss aus der Flasche mit Essen ohne Messer und Gabel in guten Restaurants gleichzusetzen, empfinde ich persönlich als übertrieben. ME sollte man den Leuten ihren Genussmoment genau so überlassen, wie er für sie passt. Ein perfekter Old Fashioned mit hastenichtgesehen und tausend Grad kaltem Eis kann für viele hier - mich eingeschlossen - manchmal eine Erfüllung sein. Für andere Leute ist es aber ein anderes Getränk mit weniger Brimborium und anderen Geschichten. Das Trinken immer zu zerdenken tut dem Genießen irgendwann einen Abbruch. Zum Genuss gehört es, Fünfe gerade sein lassen zu können und jedem seinen individuellen Genussmoment zubilligen zu können. Anderer Menschen Geschmack und den Weg dazu zu bewerten, halte ich für den falschen Weg.
 

Zum Genuss gehört es, jedem seinen individuellen Genussmoment zubilligen zu können. Anderer Menschen Geschmack und den Weg dazu zu bewerten, halte ich für den falschen Weg.
[/quote]

...genau. Und daher ist die Zweiteilung von


1. dem persönlichen Genuss

und

2. dem Genuss - und darum geht es mir hier eigentlich - im Umfeld eines guten Restaurants oder einer guten Bar.
[/quote]

hinfällig.

Genuss entsteht erst durch persönliche Vorlieben. Selbstverständlich ist er damit auch kontextabhängig, aber was in welchem Kontext als genussvoll empfunden wird, ist wieder subjektive Ermessenssache. Manieren und kulinarische Gepflogenheiten mögen ein Kulturgut sein, aber sie überschneiden sich nur bedingt mit dem Genuss. Selbst das Brechen dieser Regeln kann als genussvoll empfunden werden.

Mit dem Vokabular der Ausgangsfrage, Kultur und Unkultur, tue ich mich allerdings ähnlich schwer. Da klingen nicht nur die fragwürdigen Gegensätze von Zivilisation und Kultur, sondern auch die überholte Trennung von Hoch- und Subkultur an.

Fruchtbare Ergebnisse könnte die Diskussion also einzig hier liefern...


Ich denke es gibt zum einen im kulinarischen Bereich einen objektiven Bereich, ein falsch oder richtig
(Sekt in der Sektschale : falsch, aus einem hohen, schlanken Glas: richtig )
[/quote]

...wenn man also versucht, auf gustatorischer, olfaktorischer oder meinetwegen auch haptischer Ebene Unterschiede auszumachen.
 
Ich weiß, ich nehme hier eine vermeintlich recht konservative, vielleicht auch bildungsbürgerliche Haltung ein. Da muss ich jetzt durch. ;D

Mir geht's aber nicht nur um die rein persönliche oder objektivierend geschmackliche Frage, sondern um den Kontext, in dem sich beide begegnen. Dass Bier ein herrliches Getränk sein kann, das man mit guten Weinen oder Cocktails vergleichen kann, darüber sind wie uns wohl ebenso einig wie darüber, dass Bier auch ein einfacher guter Durstlöscher ist. Im Grunde genommen also ein Universalgetränk. Und dass Bier aus der Flasche getrunken nicht jene Qualität in der Rezeption entfachen kann wie wenn es gut gezapft oder eingeschenkt wird, wohl auch.

Mir geht es primär um die Bewusstmachung, dass wir uns es praktisch flächendeckend angewöhnt haben, ein Getränk im Grunde genommen falsch zu trinken (das primäre Argument mit der Kohlensäure s.o.), dass die Industrie dies zusätzlich unterstützt und dass dies praktisch nicht hinterfragt wird. Bier wird so zum Fast Food der Bar, zum gedankenlos konsumierten Leichtgetränk, und das finde ich einfach schade.

Und weil geschrieben wurde, dass das Brechen von Regeln selbst als genussvoll empfunden werden kann: Ich gehöre zu jenen Menschen, die, wo immer es geht, Bier langsam ins Glas einschenken, den Schaum sich setzen lassen und erst dann trinken. Dass ich da schon manchmal dafür belächelt werde oder mich vor Kellnern ("Wozu denn ein Glas?") rechtfertigen musste, damit kann ich gut leben. Und so manch schöne Diskussion über Bier hat sich ja auch über diese Regelbrechung entwickelt.
 

Mir geht es primär um die Bewusstmachung, dass wir uns es praktisch flächendeckend angewöhnt haben, ein Getränk im Grunde genommen falsch zu trinken (das primäre Argument mit der Kohlensäure s.o.), dass die Industrie dies zusätzlich unterstützt und dass dies praktisch nicht hinterfragt wird. Bier wird so zum Fast Food der Bar, zum gedankenlos konsumierten Leichtgetränk, und das finde ich einfach schade.
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Woher nimmst du die Annahme, dass das falsch sei? Wenn das für dich selbst so ist, dann okay, aber das kannst du nicht verallgemeinern.
Siehe:

Bier schmeckt im Gegensatz zu Wein allerdings auch aus der Flasche. Und warum sollte man an solche Dinge immer dogmatisch-reglementierend herangehen statt individuell und frei? In einem guten Restaurant würde ich mein Bier auch immer aus dem Glas trinken. Aber wer sich in einer Bar, möglicherweise stehend, mit dem Bier aus der Flasche wohler fühlt - warum nicht? Dem den Stempel der kulinarischen Barbarei aufzudrücken, halte ich für nicht notwendig.
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Die Annahme, dass flächendeckend aus der Flasche getrunken wird, halte ich außerdem für sehr subjektiv. Vermutlich lassen sich typische Situationen herausfiltern, wo das so ist (Jahrmarkt oder so, aber selbst da findet man Gläser). Verallgemeinern kann man es nicht.
 
Woher nimmst du die Annahme, dass das falsch sei? Wenn das für dich selbst so ist, dann okay, aber das kannst du nicht verallgemeinern.

Da Bier, um es in der Flasche länger haltbar zu manchen, zusätzlich mit Kohlensäure versetzt wird. Richtig eingeschenkt wird diese Kohlensäure wieder frei und das Bier gewinnt wieder seine natürliche Balance. Am besten einfach selber testen, wobei viele Leute leider auch nicht wissen, wie man ein Bier richtig einschenkt.

Und es steht wohl außer Frage, dass man aus einem Glas Aromen etc. besser wahrnimmt als aus der Flasche.
Vielleicht wird in Zukunft ja auch Champagner (oder dann wohl eher) Frizzante aus der Flasche getrunken. Wundern würde es mich nicht.
 
Vielleicht wird in Zukunft ja auch Champagner (oder dann wohl eher) Frizzante aus der Flasche getrunken. Wundern würde es mich nicht.
Alles bereits Realität. Kommt halt -wie gesagt- nur auf den Moment und die Stimmung an ;)
 


Woher nimmst du die Annahme, dass das falsch sei? Wenn das für dich selbst so ist, dann okay, aber das kannst du nicht verallgemeinern.
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Da Bier, um es in der Flasche länger haltbar zu manchen, zusätzlich mit Kohlensäure versetzt wird. Richtig eingeschenkt wird diese Kohlensäure wieder frei und das Bier gewinnt wieder seine natürliche Balance. Am besten einfach selber testen, wobei viele Leute leider auch nicht wissen, wie man ein Bier richtig einschenkt.

Und es steht wohl außer Frage, dass man aus einem Glas Aromen etc. besser wahrnimmt als aus der Flasche.
Vielleicht wird in Zukunft ja auch Champagner (oder dann wohl eher) Frizzante aus der Flasche getrunken. Wundern würde es mich nicht.
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Genuss ist nicht gleichzusetzen mit der maximalen Herausarbeitung von Aromen. Das kann es sei, muss es aber nicht.
 
Genuss ist nicht gleichzusetzen mit der maximalen Herausarbeitung von Aromen. Das kann es sei, muss es aber nicht.

Wir bewegen uns hier langsam auf jene Stufe der Diskussion zu, wo uns im Grunde genommen nur mehr wahrnehmungspsychologische und philosophisch-ästhetische Argumente weiterbringen. Denn wenn Genuss wirklich nur eine persönliche Kategorie bar jeder Erfahrung, jeder gewachsenen Tradition oder jeder sie umgebenden Kultur ist, warum dann überhaupt dieses Forum?

Ist es dann nicht so, dass jene, die bereits viel Erfahrung besitzen und die Zeit, Disziplin und Muße hatten, ihren Geschmack zu schulen und zu erweitern, hier nutzlos wären, da jene, die Saftcocktails mir künstlichen Aromen runterschütten, genauso viel zu sagen hätten, wenn sie nur behaupten, es würde ihnen schmecken? Welche Argumente gegen unser beliebtes Horrortrio Bacardi, Pitu und Sierra gäbe es dann, zudem alle drei ja Bestseller sind und damit wohl sehr vielen Leuten Genuss bereiten.

Nein, so einfach ist es bestimmt nicht, da nur: "Schmeckt mir halt" eine rein statische Aussage ist, die jede Form von kulturellem Kontext, persönlichen Lernprozessen und vor allem den Grad der Rezeption komplett ausschließt. Wir Menschen leben jedoch nicht als einsame Monaden, sondern sind als Gruppe enorm vielen zumeist unbewussten Einflüssen ausgesetzt, die uns und unseren Geschmack prägen. Und diesen zu hinterfragen und zu erweitern ist etwas, das mE weit mehr Genuss bereiten kann, als nur der passive Konsum.
 
warum dann überhaupt dieses Forum?
Weil wir Nerds sind, weil wir Spaß haben es auf die Spitze zu treiben....aber wir sind nicht die Welt. Wir leben vil in unserer eigenen Welt, aber wir können nicht der Welt vorschreiben, was als wichtig zu empfinden ist. Wir können unseren Stil leben und zeigen, mehr aber auch nicht!

Wenn wir mal im Bereich Genuss bleiben:
Unterhalte dich mal mit nem Kaffeenerd. Nach deiner Argumentation müsste er dich in Grund und Boden reden, weil du keine Siebträger und Mühle für 3000 Euro zu hause stehen hast. Weil du nicht die Cantuccini für 50 Euro pro kg zu Hause hast. Weil du nicht den Nerdkaffee direkt zu hause röstest und genau in dem Moment zubereitet, wo der Kaffee auf der Höhe ist. Er weiss ja was richtig und was falsch ist.
Unterhalte dich mal mit nem Akkustiknerd, der dir von Röhrenverstärkern als die Heilsbringer der Nation erzählt.
Unterhalte dich mal mit nem Fotografienerd, der bessere Bilder macht als der Fotograf, der 500 Euro die Stunde kostet

Jeder hat das Recht sich für das zu interessieren was er für wichtig hält, aber niemand hat das Recht es einem vorzuschreiben.
Lebe es, zeige es, aber bitte sage niemanden, was er zu tun hat.

Sorry, musste raus.
 
Edit: Wem das zu viel Text ist – Hannibal hat die gleiche Aussage etwas kürzer verpackt. ;D


Denn wenn Genuss wirklich nur eine persönliche Kategorie bar jeder Erfahrung, jeder gewachsenen Tradition oder jeder sie umgebenden Kultur ist...
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Wer hat das behauptet?


Genuss entsteht erst durch persönliche Vorlieben. Selbstverständlich ist er damit auch kontextabhängig, aber was in welchem Kontext als genussvoll empfunden wird, ist wieder subjektive Ermessenssache.
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Ist es dann nicht so, dass jene, die bereits viel Erfahrung besitzen und die Zeit, Disziplin und Muße hatten, ihren Geschmack zu schulen und zu erweitern, hier nutzlos wären,
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Nein, denn sie schulen ihren Geschmack, um die Art und Weise, in der sie subjektiv genießen, zu steigern.


Welche Argumente gegen unser beliebtes Horrortrio Bacardi, Pitu und Sierra gäbe es dann, zudem alle drei ja Bestseller sind und damit wohl sehr vielen Leuten Genuss bereiten.
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Argumentieren kann man hier nur anhand von Idealen, die entweder bereits geteilt werden oder nicht (Handwerk, Nachhaltigkeit, Natürlichkeit etc.). Zu meinen, es gebe im Bereich Geschmack selbst objektive Grundlagen zur Argumentation, halte ich für illusorisch.


Nein, so einfach ist es bestimmt nicht, da nur: "Schmeckt mir halt" eine rein statische Aussage ist, die jede Form von kulturellem Kontext, persönlichen Lernprozessen und vor allem den Grad der Rezeption komplett ausschließt.
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Das verstehe ich nicht. Die Aussage sagt selbstverständlich nur aus, dass es jemandem schmeckt. Wie soll diese Aussage auch Auskunft über Sozialisierung etc. geben können? Zu kritisieren wäre diese Aussage nur, wenn man zudem festlegt, dass es keinerlei Begründung für sie geben kann. Kulturelle Lernprozesse fließen erst bei der Begründung der Aussage ein, aber müssen doch nicht in der Aussage enthalten sein. ???


Wir Menschen leben jedoch nicht als einsame Monaden, sondern sind als Gruppe enorm vielen zumeist unbewussten Einflüssen ausgesetzt, die uns und unseren Geschmack prägen.
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Genau, aber ein anderer Mensch wird eben von seinen Einflüssen, auf seine Weise geprägt und entwickelt an anderen Dingen Genuss.


Und diesen zu hinterfragen und zu erweitern ist etwas, das mE weit mehr Genuss bereiten kann, als nur der passive Konsum.
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Die Unterscheidung zwischen dem feingeistigen Genuss und dem passiven Konsum halte ich für ein banales Klischee. Die Graustufen wären schon auf das Thema 'Trinken' bezogen unzählig. Betrachtet man aber die Vielzahl der Bereiche, in denen Genuss stattfinden kann, wird sie absurd. Es gibt Menschen, die echten Genuss beim Lösen mathematischer Probleme empfinden können, die die Schönheit von Formeln wahrnehmen. Ich gehöre nicht dazu. Ich kann einen guten Whisky genießen – der Mathematiker vielleicht nicht. Aber das hebt doch nicht meine Form des Genusses über seine, nur weil die Kulinarik zufällig als Genussbereich etablierter ist.


Wir bewegen uns hier langsam auf jene Stufe der Diskussion zu, wo uns im Grunde genommen nur mehr wahrnehmungspsychologische und philosophisch-ästhetische Argumente weiterbringen.
[/quote]

...warum eigentlich nicht? ;D

Abschließend:
"Über Geschmack lässt sich nicht streiten" – das Sprichwort dürfte bekannt sein. Der schönere Satz stammt aber von Nietzsche:
"Und ihr sagt mir, Freunde, dass nicht zu streiten sei über Geschmack und Schmecken? Aber alles Leben ist Streit um Geschmack und Schmecken!"

Beide Auffassungen aber zeigen, wie absurd ein objektives Urteil in diesem relativen Bereich sein müsste.

 
Ich alleine gegen das Forum, das hat was. ;D

Wenn wir mal im Bereich Genuss bleiben:
Unterhalte dich mal mit nem Kaffeenerd. Nach deiner Argumentation müsste er dich in Grund und Boden reden, weil du keine Siebträger und Mühle für 3000 Euro zu hause stehen hast.

Du hast mich falsch verstanden. Es geht mir nicht um teure Luxusprodukte oder höchste Qualität, sondern um soliden guten Standard. Gutes muss nicht unbedingt auch teuer sein. Gerade Bier zeichnet sich ja deswegen aus, weil es ein schönes solides Alltagsgetränk zu einem gutes Preis ist.
Es aber gerade deswegen nicht gleich wie teurere und so vermeintliche bessere Produkte zu schätzen finde ich schade.

Vielleicht ist es aber auch gerade deswegen ein gutes Beispiel für eine allgemeine gesellschaftliche Entwicklung, wo superteure, aber flache Luxusprodukte wie die ganzen "Edel"wodkas schrecklich zelebriert werden und das gute alte Bier mehr und mehr zum Sprudel wird.

@ Milchplus: Antwort kommt später, heut' schaff ich nur mehr diese eine Replik.
 
Die beste Diskussion seid langem,
weil sie an die Wurzeln geht und um die die Frage:
Was tun wir hier eigentlich?
______________________________________

Trotzdem bin ich noch nicht ganz in der Spur.
Worauf willst du hinaus, Kuglblitz?
Geht es um "Wahrheit"?
Um richtig oder falsch?
Um Kultur vs. Banausentum?
Um Werte?
Um Genussverstärker?

Und ist die Fragestellung vergleichbar mit
Der "Prince of Wales Cocktail" im Glas statt im Silberbecher - Kultur oder Unkultur? ;)
 
Ich schließe mich im Hinblick auf die spannendste Diskussion seit langem an!

Ferner bin ich auf Milchplus' und Hannibals Seite.

Meines Erachtens ist die richtig/falsch-Dichotomie im Hinblick auf Geschmack nicht angemessen. Und die Einstellung zu dieser Frage liegt der ganzen DIskussion zugrunde. Gibt es den richtigen und den falschen Genuss?

Ich sage nein. Da Genießen eine Dimension ist, die sich - persönliche Sozialisation und Erfahrungen sind hier übrigens per se immer mit eingeschlossen - der Bewertung durch den Anderen entzieht.

"Es schmeckt mir so" ist eine Aussage, an der nicht zu rütteln ist. Oder wie ich auf der Arbeit in der Bar zu unseren Gästen oft zu sagen pflege: "Das Gute am Geschmack ist: Man hat immer recht." Und dem ist auch so. Wenn jemand anderes, der sich viel weniger oder auch gar nicht mit GEnusskultur in dem Sinne, wie es hier geschieht, beschäftigt hat, ist das überhaupt kein Grund, seinen/ihren GEschmack geringer zu schätzen als den eigenen. Auch wenn diesem große Mengen Lektüre, Zeit und Erfahrung zugrunde liegen mögen und die persönliche Bedeutungszuschreibung viel höher ist. Dies wiederum berührt meines Erachtens auch diese Diskussion - sie wird mit großer Inbrunst geführt, da es eben eine Thematik ist, die allen hier sehr viel bedeutet - mehr als vielen anderen Menschen vermutlich. Und dies beantwortet auch die Frage, was wir hier tun. Einer gemeinsamen Passion nachgehen. Den Austausch pflegen. Den Streit. Und den Genuss.

Zurück zum Ursprung. Es bedeutet nicht, dass man nicht aufgrund der eigenen gemachten Erfahrungen auch anderen Leuten neue Facetten näherbringen kann. Aber besser oder richtig ist der eigene, differenzierte und durchdachte Genuss im Gegensatz zum 'Unerfahrenen' deshalb trotzdem keineswegs.
 
Ich alleine gegen das Forum, das hat was.
Nein, auf gar keinen Fall!!! Mag sein, dass Du mit Deiner Meinung allein stehst, aber Du hast ganz sicher niemanden gegen Dich.

Das hätte man vielleicht bei einer anderen Diskussion, die zu einer bedauerlichen Reduzierung der aktiven österreichischen Forenmitglieder geführt hat, deutlich sagen müssen. Und damit sich so etwas nicht wiederholt sage ich es jetzt 8)

Sorry für diesen Einwurf, doch das war mir wichtig. Und nun bitte Back to topic, denn auch ich verfolge diese Diskussion mit größter Freude!
 
Um auf den letzten Beitrag zuerst zu antworten: Keine Angst, ich finden die Diskussion spannend und sehr fair; und fühle mich hier auch pudelwohl. 8) Die Meldung "Ich alleine gegen das Forum" hatte auch eine Spur Selbstironie; denn wann bekommt man schon die Chance, den einsamen Helden zu spielen. ;-)

Ob es wirklich die beste oder spannendste Diskussion seid langem, ist, darüber brauchen wir wohl eine eigene Diskussion, wo wir dann die Bewertungskriterein für Diskussionen diskutieren. ;D

Aber zurück zur Thematik, die ja inzwischen schon mehrere Themenkomplexe beinhaltet: von der reine Detailfrage (Bier in Glas/Flasche) über die persönlichen bzw. allgemeinen Kriterien des Genusses bis hin zum philosophischen Fragen der Erkenntnistheorie. Gerade letztere ist ja wirklich extrem komplex, das wird jeder, der sich etwa an Kants "Kritik der Urteilskraft" versucht hat, bestätigen.
Insofern kann ich Alchemysts Fragen auch nicht hinreichend beantworten, da sich die Diskussion zu einer Tiefe entwickelt hat, die ich so nicht erwartet habe.

Ein Punkt, der mE aber zu unpräzise diskutiert wird: mir ging es ursprünglich um die Frage, ob Bier in guten Gaststätten aus der Flasche zu trinken eine zunehmende Unkultur ist, die so nicht der Qualität des Produktes entspricht. Dabei hatte sich die Diskussion dahingehend entwickelt, dass meine Meinung (unser Geschmack ist von vielen Parametern abhängig, die wir selbst nicht beeinflussen können) jener gegenüber stand, welche das persönliche Geschmacksurteil in der Gegenwart in den Vordergrund stellt.
Nun geht es mir aber nicht primär darum, wie verschieden Menschen Bier an sich schmeckt. Denn um dies wirklich zu diskutieren, wäre eine Art Laborsituation gleich einer professionellen Verkostung notwendig, und dies entspricht wohl kaum der Praxis. (Anm: die Verkostungsnotizen auf vielen Flaschen sind hier auch mehr dem Marketing geschuldet, da wohl die wenigsten Menschen ein Getränk so analytisch rezipieren).
Mir geht es eher darum, wie ernst ein Alltagsgetränk wie Bier in einem Umfeld genommen wird, wo sonst große Sorgfalt hinsichtlich Glas und Dekoration herrscht. Und hier möchte ich einen Begriff in die Diskussion werfen, der interessanterweise bis dato nicht gefallen ist: Stil.

Um mich hier zu outen: Ich liebe es stilvoll. Das richtige Glas, ein guter Service, schönes Umfeld. Für mich alles Punkte, die viel mehr als Beiwerk sind. Denn im Grunde genommen schaffen sie erst den Rahmen, das Ambiente, das die Rezeption nicht nur analytisch interessant, sondern auch sinnlich umfassend erlebbar macht. Zuzusehen, wie sich das Glas eines Martini-Cocktails durch die Kälte beschlägt oder wie die Öle der Zitronenzeste die Oberfläche sanft benetzen sind für mich schon ein Teil des Genusses, ein sinnliches Vorspiel vor dem ersten Schluck.
Beim Bier ist dies die Bildung der Schaumkrone, das Aufsteigen der Kohlensäureperlen und natürlich das Warten, bis all dies vollendet ist. Und je größer der Durst und je länger das Warten, um so schöner dann der erste Schluck.
Bier direkt aus der Flasche getrunken verzichtet auf all dies. Es ist eine schnelle und eigentlich recht nüchterne Befriedigung mit mE ziemlich reduzierten Genuss (im Vergleich zu dem, was er sein könnte). Fast Food eben. Und es ist stillos, da auf so viele helfende Stilmittel verzichtet wird.

Da aber gute Bars oder Restaurants im Gegensatz zu Fast Food-Örtlichkeiten Lokalitäten sein wollen, die sich dem Rausch des schnellen Hipes widersetzen und die Kunst der Langsamkeit und der Detailliebe pflegen, wundert es mich, wenn Bier hier so einen geringen Stellenwert genießt. Denn dafür ist es einfach zu gut.
 

Du hast mich falsch verstanden. Es geht mir nicht um teure Luxusprodukte oder höchste Qualität, sondern um soliden guten Standard. Gutes muss nicht unbedingt auch teuer sein. Gerade Bier zeichnet sich ja deswegen aus, weil es ein schönes solides Alltagsgetränk zu einem gutes Preis ist.
Es aber gerade deswegen nicht gleich wie teurere und so vermeintliche bessere Produkte zu schätzen finde ich schade.
[/quote]
Was für dich als Nerd Standard ist, ist für andere ein teures Luxusprodukt



Ich alleine gegen das Forum, das hat was. [/quote]Nein, auf gar keinen Fall!!! Mag sein, dass Du mit Deiner Meinung allein stehst, aber Du hast ganz sicher niemanden gegen Dich.
[/quote]
!
 
Ein Punkt, der mE aber zu unpräzise diskutiert wird: mir ging es ursprünglich um die Frage, ob Bier in guten Gaststätten aus der Flasche zu trinken eine zunehmende Unkultur ist, die so nicht der Qualität des Produktes entspricht.
Meine ganz persönliche Meinung: Wenn ich in einer guten Gaststätte ein (nach meinen eigenen Maßstäben ;)) gutes Bier bestelle wäre ich enttäuscht, wenn mir dieses ohne Glas serviert wird, da mir dann die Möglichkeit genommen wird das Bier nicht nur zu schmecken sondern auch zu riechen und zu sehen (Stichwort Genuss). Der Begriff Unkultur geht mir aber etwas zu weit. Ich möchte niemandem vorschreiben wie er sein Bier zu trinken hat, mein missionarischer Eifer dahingehend hält sich in Grenzen. Auch auf "Stil" oder penibles Befolgen der Etikette lege ich im Allgemeinen wenig wert. Dass es sich beim "Biertrinken aus Flaschen" um eine zunehmende Gepflogenheit handelt habe ich bei mir in der Region noch nicht beobachtet.
 
Sehr interessant was ihr hier so schreibt.

Vor ein paar Monaten durfte ich das erste Mal bei einer Bierverkostung, geleitet von einem Fachmann, teilnehmen.

Ich möchte mal das wieder geben was uns damals aufgezeigt wurde.
Die Deutschen trinken ja ganz gerne Bier, passt ja auch zu jedem Anlass. Nur ob ich es aus der Flasche trinke oder aus dem Glas ist völlig Wurst. Die Qualität der meisten Biere in Deutschland ist einfach mal so unterirdisch das sich die Frage nicht stellt.
Nehmen wir mal das Beispiel Pils. Warsteiner, Becks, Hasseröder, Radeberger, Binding, Bitburger, etc.
Bei diesen Bieren schmeckt man sowieso kaum mer ein Unterschied. Wer das nicht glaubt, kann das gerne Mal in einem Blindtasting versuchen. Die Biere werden meist vor Ort produziert. Als Beispiel: Die Löwenbräu Brauerei in München produziert Becks, Staropramen, etc, kurz gesagt einfach alle Biere die InBev im Portfolio hat und hier anbietet. Oder hat jemand von euch schon mal nen Bierllkw von Prag nach München mit Staropramen beladen fahren gesehen?
Wenn man sich als Produzent so wenig Mühe macht sein Produkt einzigartig zu belassen brauch ich auch kein Glas dafür.

Ne andere Geschichte, die man sich überlegen muss, ist die mit den gezapften Bieren. (Meisten werden die ja im Glas/Krug serviert)
Wenn ich persönlich in einer Gastronomie bin, in der nur mittelmässig Bier getrunken wird, bestell ich mir lieber ein Flaschenbier.
Spätestens wenn so ne Stunde kein Bier mehr durch den Hahnen geflossen ist muss man das Bier, das sich in der Leitung befindet ablassen. Genauso müssen die Anlagen entsprechend gereinigt werden. Da geht mein Vertrauen aus der beruflichen Erfahrung gegen Null.

Gerne benutz ich aber ein Glas für Biere die mit entsprechender Liebe von Kleinen Brauereien hergestellt wurden. Wer schon mal ein schönes TrapistenBier, Ale oder auch ein Lager aus privat geführten Brauereien getrunken hat weiß was ich mein. Da ist übrigens ein Glas auch unausweichlich immerhin ist Bier das alkoholische Getränk mit der höchsten Aromavielfalt.

Klar kann man es auch von der Situation abhängig machen muss man manchmal auch. In einem Sternerestaurant wird man das Aperitif Bier sicher nicht aus der Falsche trinken (Wobei Bock hätte ich ja mal sowas zu bringen) genauso wird man beim Grillen nicht unbedingt ein Glas benutzen.

Ein paar Sachen aus den letzten Posts nehmen ich mal noch raus:

Um mich hier zu outen: Ich liebe es stilvoll. Das richtige Glas, ein guter Service, schönes Umfeld. Für mich alles Punkte, die viel mehr als Beiwerk sind. Denn im Grunde genommen schaffen sie erst den Rahmen, das Ambiente, das die Rezeption nicht nur analytisch interessant, sondern auch sinnlich umfassend erlebbar macht

Dann solltest du auch das richtige Produkt im Glas haben. Gehen wir davon aus, dass das wovon du sprichst nicht ausschließlich zuhause stattfinden soll sondern auch wenn du unterwegs bist. Dann wünsch ich dir, dass du einen Laden gefunden hast der qualitätiv hochwertiges Bier verkauft.

Beim Bier ist dies die Bildung der Schaumkrone, das Aufsteigen der Kohlensäureperlen und natürlich das Warten, bis all dies vollendet ist. Und je größer der Durst und je länger das Warten, um so schöner dann der erste Schluck.

Viel Spaß beim Lacken Bier trinken. Auch so ne komische deutsche Angewohnheit mit der Schaumkrone. Wenn ich meine Maß Bier vor mir haben und ein drittel im Glas ist Schaum bin ich verdurstet bis ich endlich beim Bier angekommen bin. In keinem anderen Land wird Bier mit derartigen Schaumkronen ausgeschenkt. Wozu auch ich möchte ein Bier trinken wenn ich Schaum haben möchte gehe ich in die Badewanne.

Da aber gute Bars oder Restaurants im Gegensatz zu Fast Food-Örtlichkeiten Lokalitäten sein wollen, die sich dem Rausch des schnellen Hipes widersetzen und die Kunst der Langsamkeit und der Detailliebe pflegen, wundert es mich, wenn Bier hier so einen geringen Stellenwert genießt. Denn dafür ist es einfach zu gut.

Bei den oberen zwei Kommentaren ist sicher ein wenig Aggression und auch die eine oder andere Übertreibung drin deshalb mal zurück zur Realität.

In den meisten Fällen wird Bier als Umsatzbringer gesehen. Oft wird es auch direkt von Brauereien bezogen wo der Wirt entsprechende Vergünstigungen in welcher Form auch immer bekommt. Man kann sich natürlich überlegen neben dem Standard das ein oder andere speziellere Bier da zu haben nur ganz von dem Fast-Food Gedanken ab zu rücken stell ich mir komisch vor.
Mal weg von der Nerd Schiene und hin zu einem Gedankenspiel.
Gast XY kommt an die Bar und bestellt ein Weißbier, Samstag Abend der Laden rockt. Ich zücke mein Fläschchen und schenk ihm von Schneider "Mein Nelson Sauvin" ein. Auf das Gesicht bin ich gespannt wenn er probiert und erst wenn die Rechnung kommt.......

Das was oben geschrieben wurde ist so ein verliebter Nerd Gedanke. Mein Gehalt wird auch nicht von Old Fashioneds und Manhattens bezahlt sondern eher von G&Ts und Drinks die schnell zu produzieren sind. Klar gibt es immer ausnahmen aber in den meisten Fällen ist es so.

Ich denk es ist einfacher der Gesellschaft Barkultur bei zu bringen, wie ihnen zu sagen "Sauf ma a gescheid´s Bier". Wenn ich mir die Sachen die geschrieben wurden so durchlese haben die meisten, die mitgeschrieben haben auch noch nie den Facettenreichtum von Bier erlebt (mich schließ ich nicht aus).

So irgendwie reichts jetzt genug geschrieben werd ma weiter lesen.......
 
Ich denk es ist einfacher der Gesellschaft Barkultur bei zu bringen, wie ihnen zu sagen "Sauf ma a gescheid´s Bier". Wenn ich mir die Sachen die geschrieben wurden so durchlese haben die meisten, die mitgeschrieben haben auch noch nie den Facettenreichtum von Bier erlebt (mich schließ ich nicht aus).
Ich denke das ist ein sehr interessanter Punkt. Dieses Forum ist ein Treffpunkt für Cocktailnerds und hier wurde sehr ausgiebig über fast alle denkbaren Facetten zum Thema Cocktails und Spirituosen diskutiert. Dass das Thema Bier ähnlich facettenreich ist wird von vielen hier vermutlich gar nicht gesehen, da man in Bezug auf Bier bisher noch nicht in dem Maße über den Tellerrand geschaut hat (trifft auch auf mich selbst zu). Vielleicht auch bedingt durch den Umstand, dass man in vielen Regionen Deutschlands (aufgrund der Konsolidierung des Biermarkts in den letzten Jahrzehnten) leider wenig Alternativen zu den allgegenwärtigen, austauschbaren und charakterarmen Massenbieren hat. Was sich zum Glück langsam wieder ändert auch wenn positive Impulse derzeit immer noch oft aus dem Ausland kommen (und das obwohl "wir Deutschen" doch so stolz auf unsere Biertradition sind ;)). De facto haben wir aktuell in Deutschland nicht die große Bier-/Brauereivielfalt, die wir vor 30, 40 oder 50 Jahren hatten.
Ein "gutes" Bier für einen Biernerd dürfte also was anderes sein als ein "gutes" Bier für einen Cocktailnerd. (Ein Bieräquivalent zu diesem Forum wäre z.B. www.hobbybrauer.de.)

EDIT: Ich hatte erst letztes Wochenende ein ziemlich leckeres Pils von einer kleinen Privatbrauerei in Wurmlingen auf der schwäbischen Alb. Der Aromahopfen kam einem schon beim Riechen am Glas entgegen. Geschmack liegt immer im Auge des Betrachters und ist ein stückweit auch Entwicklungssache, aber dieses Bier hatte definitiv seinen eigenen Charakter. IMHO wäre mir etwas entgangen, wenn ich das Bier aus der Flasche getrunken hätte.
 
Nachdem ich kürzlich beim Wiener Craft Bier Fest (http://craftbierfest.com) war, wo drei Tage lange Bier in allen denkbaren Facetten - vom süffigen Weizen über IPAs und Foodpairing bis hin zu grandiosen Barley Wines - alles verkostet werden konnte (Standardmenge 10 cl), nehme ich das zum Anlass, diesen Thread wiederzubeleben; und um klar festzustellen: diese Biere gehören in die Bar, und natürlich im passenden Glas.

Uj, gab es tolle Biere, etwa solche, die durch Honigzugabe in die Flasche eine zweite Gärung durchmachen und so eine wunderbare, champagnerähnliche Perlage besitzen. Oder IPAs mit 10 Hopfensorten und unglaublicher Raffinesse. Oder Barley Wines mit 14%, die den Vergleich mit einem guten Tawny Port nicht zu scheuen brauchen.

Ich kann mir auch gut vorstellen, dass Craft Biere in Drinks funktionieren, das ist aber ein anderer Thread.

Schöner Radiobericht dazu: http://oe1.orf.at/programm/372412
 
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