J
J-S-Bach
Gast
Hallo vermisste Community,
nachdem ich jetzt gefühlte Ewigkeiten keine Zeit und noch viel weniger das Geld hatte mich irgendwie um mein mixologisches Hobby zu kümmern, wurde ich vor einiger Zeit quasi gewaltsam wieder hereingestoßen.
Nämlich als ich aus heiterem Himmel gefragt wurde ob ich für eine kleine Jubiliäumsversanstaltung meiner ehemaligen Schule nicht vielleicht eine kleine aber feine Cocktailbar stellen und betreiben möchte und ich ohne weiter Überlegungen oder Nachfragen anzustellen zusagte.
Später stellte sich dann heraus, dass zu dieser kleinen Jubiläumsveranstaltung 600 Gäste geladen waren.
Also schnappte ich mir 2 aufnahmefähige Freunde von mir und vermittelte einen Teil meines ohnehin begrenzten Wissens über die Zubereitung von Mixgetränken an sie weiter in ein paar "Trainingssitzungen" die wir nur zu diesem Zweck berufen hatten.
Ich war ungeachtet der schweren Bedingungen überaus entzückt über die Möglichkeit endlich mal wirklich unter Realbedingungen meine Kenntnisse zu benutzen. Zumal Planung, Organisation und Umsetzung vollständig in meinen Händen lagen.
Naiv dachte ich also, ich könnte feine Spirituosen einkaufen und mit viel Liebe exquisite Mixgetränke zubereiten. Die 8-12 Euro würde doch jeder bezahlen wollen, so dachte ich.
Dann kam der Budgethammer ... Sparversionen ... kein Cocktail über 5 Euro ... mit etwa 2,50 Gewinn ...
Was einem da übrig bleibt könnt ihr euch etwa vorstellen ...
Plötzlich war ich gar nicht mehr so davon überzeugt, das die Organisation und Kalkulation der gebrauchten Spirituosen an mir hängen blieb.
Statt Finlandia .. Gorbatschow,
Statt Makers Mark .. Jack Daniels,
Statt El Dorado .. Havana Club 3A
Statt Mount Gay .. Old Pascas
Statt Champagner .. Sekt
And so on.
Es musste halt unbedingt Kommissionsware von unserem Dorflieferanten sein.
Etwas beleidigt stellte ich dann weiterhin eine Liste zusammen, die (so muss ich zugeben) in den Rezepten keinesfalls den Spirituosen entspricht. Aber ich hing noch ein bisschen dem Traum von dem "Edel"Cocktailcatering nach ..
also sah das Angebot dann im Endeffekt so aus:
*Mojito
*Cuba Libre
*Kir Royal
*White Russian
*Manhattan
*Old Fashioned
*Virgin Hurrican
Gut, die beiden Whiskycocktails hätte ich mich nicht trauen sollen mit dem Jack Daniels ... da schäme ich mich immernoch für.
Jedenfalls dachte ich so eine ganz nette Mischung aus "Klassik" und Allgemeinverträglichkeit gefunden zu haben.
Eis habe ich in rauen Mengen bestellt, so dass ich wenigstens frisches Eis für die Gläser benutzen konnte.
Von Budget was ich für zusätzliches Equipment, Garnitur und co bekommen habe, hab ich dann noch Luxardo Maraschino und kleine Degenpicker gekauft. Dann hab ich entkernte Kirschen gekauft und in den Maraschino, Amaretto und viel Zucker eingelegt. Die sollten zusammen mit 30 Zitronen und viel frischer Minze für einen angenehmen nicht überladenen Anblick sorgen.
Irgendwann war dann auch der Abend gekommen, 17 Uhr treffen und Arbeitsplätze aufbauen war angesagt.
Und dann kam die erste Panne. Einer meiner Barkeeper springt kurzfristig ab. Egal, ich bleibe optimistisch. Klappt schon.
Die Arbeitsplätze werden nach einem zuvor geprobten System aufgebaut. Jeder 2 Shaker, 3 Jigger (Freepouring schmeckt mir nicht), 3 Rührlöffel, einen Eiseimer, Schneidebrett samt Messer und Barstößel für den Mojito + noch anderer Kleinkram wie Behälter für Zitrone, Minze und Kirschen.
Dann gings los. Die ersten Gäste stürmten zur Cocktailbar ... und fragten nach Sekt und Bier ... woraufhin wir sie freundlich an die andere Getränketheke vervweisen mussten.
1 Cocktail alle 10 Minuten.
Alles ist ruhig. Entspannt.
Und plötzlich bricht das absolute Chaos los. 30 Leute versammeln sich vor der Bar nach dem unser grottenschlechtes Schulorchester sein Programm beendet hat.
2 Barkeeper geben Vollgas.
Aber alles läuft ordentlich, wir nehmen uns zwischen je 3 Kunden die Zeit einmal kurz sauber mit einem Lappen alles abzuwischen. Unser Spülteam funktioniert.
Alles ist super: wir werden für unsere Professionalität, die Güte der Cocktails und unsere Sorgfalt gelobt und gefeiert.
Die Routine sitzt und die Geschwindigkeit geht nicht zukosten der Qualität. So hatte ich mir das vorgestellt.
Der Zufluss nimmt keine Pause.
Und wir kriegen auch Keine.
Irgendwann bricht die ganze Idylle zusammen.
Das Spülteam ist weg.
Keine sauberen Shaker, Löffel oder Gläser mehr.
Die 4 Schüler die aus der 10ten Klasse dafür abgestellt wurden, haben sich an die Biertheke verzogen.
Nachdem ich in schroffem Kommandoton (der im Nachhinein vielleicht etwas zu schroff war. Effektiv jedoch war er. Und zu den Kunden waren wir immer charmant und freundlich) alles wieder ins Lot gebracht hatte, was so etwa 20 Minuten brauchte, gings weiter.
Erst so gegen halb2 flachte der Zustrom an Kunden ab
Und gegen 2 war die Veranstaltung zuende.
Aber nicht für uns. Noch eine Stunde putzen, sortieren und wegschließen.
Dann ... nach knappen 10 Stunden Arbeit (ohne Pause) ... Feierabend und noch ein letztes Bier von der geschlossenen Biertheke stibitzt. Das erste und letzte an dem Abend.(Hab nur noch ein paar von meinen Kirschen genascht, hehe)
600 Leute ordentlich versorgt, Stresssituationen gemeistert und noch ein paar 100 Euro Plus gemacht.
Glaubt mir, wir waren zufrieden mit uns.
Und so stressig es war und so unendlich mies das bezahlt wurde - ich würds wieder machen.
Es hat so viel Spaß gemacht wirklich hinter der Bar zu stehen und so gut getan, wenn sich die Leute wirklich über ihren Cocktail gefreut haben.
Klar, es war nur ein kleines Catering ... aber irgendwie hab ich gerade wieder das Gefühl, das mein alter Wunschtraum ein echter Barkeeper zu sein gerade ein Loch in meine Motivation zu studieren frisst.
Natürlich .. echte Barkeeper haben 100mal mehr Arbeit.
Aber trotz der anstrengenden 10 Stunden und der Tage der Organisation und Diskussion davor war ich am Ende wirklich zufrieden ...
Keine Ahnung warum ich das hierhin schreibe.
Ich dachte vielleicht interessierts ja wen oder irgendwer der sich vorher nicht getraut hat solche Jobs anzunehmen, machts jetzt doch.
Eine starker Erfahrung ist es jedenfalls. Und mit 2 Leuten + Spülteam und etwas straffer Orga sind 600 Leute gut zu stemmen.
Und es macht wirklich viel Spaß.
Vielleicht krieg ich ja bald die Chance mal etwas mehr Geld zu vermixen. Schön fänd ichs.
Und jetzt hab ich mir erstmal meinen Whitley Neill und noch ein paar Flaschen gekauft!
Zum Wohl!
Houdin
nachdem ich jetzt gefühlte Ewigkeiten keine Zeit und noch viel weniger das Geld hatte mich irgendwie um mein mixologisches Hobby zu kümmern, wurde ich vor einiger Zeit quasi gewaltsam wieder hereingestoßen.
Nämlich als ich aus heiterem Himmel gefragt wurde ob ich für eine kleine Jubiliäumsversanstaltung meiner ehemaligen Schule nicht vielleicht eine kleine aber feine Cocktailbar stellen und betreiben möchte und ich ohne weiter Überlegungen oder Nachfragen anzustellen zusagte.
Später stellte sich dann heraus, dass zu dieser kleinen Jubiläumsveranstaltung 600 Gäste geladen waren.
Also schnappte ich mir 2 aufnahmefähige Freunde von mir und vermittelte einen Teil meines ohnehin begrenzten Wissens über die Zubereitung von Mixgetränken an sie weiter in ein paar "Trainingssitzungen" die wir nur zu diesem Zweck berufen hatten.
Ich war ungeachtet der schweren Bedingungen überaus entzückt über die Möglichkeit endlich mal wirklich unter Realbedingungen meine Kenntnisse zu benutzen. Zumal Planung, Organisation und Umsetzung vollständig in meinen Händen lagen.
Naiv dachte ich also, ich könnte feine Spirituosen einkaufen und mit viel Liebe exquisite Mixgetränke zubereiten. Die 8-12 Euro würde doch jeder bezahlen wollen, so dachte ich.
Dann kam der Budgethammer ... Sparversionen ... kein Cocktail über 5 Euro ... mit etwa 2,50 Gewinn ...
Was einem da übrig bleibt könnt ihr euch etwa vorstellen ...
Plötzlich war ich gar nicht mehr so davon überzeugt, das die Organisation und Kalkulation der gebrauchten Spirituosen an mir hängen blieb.
Statt Finlandia .. Gorbatschow,
Statt Makers Mark .. Jack Daniels,
Statt El Dorado .. Havana Club 3A
Statt Mount Gay .. Old Pascas
Statt Champagner .. Sekt
And so on.
Es musste halt unbedingt Kommissionsware von unserem Dorflieferanten sein.
Etwas beleidigt stellte ich dann weiterhin eine Liste zusammen, die (so muss ich zugeben) in den Rezepten keinesfalls den Spirituosen entspricht. Aber ich hing noch ein bisschen dem Traum von dem "Edel"Cocktailcatering nach ..
also sah das Angebot dann im Endeffekt so aus:
*Mojito
*Cuba Libre
*Kir Royal
*White Russian
*Manhattan
*Old Fashioned
*Virgin Hurrican
Gut, die beiden Whiskycocktails hätte ich mich nicht trauen sollen mit dem Jack Daniels ... da schäme ich mich immernoch für.
Jedenfalls dachte ich so eine ganz nette Mischung aus "Klassik" und Allgemeinverträglichkeit gefunden zu haben.
Eis habe ich in rauen Mengen bestellt, so dass ich wenigstens frisches Eis für die Gläser benutzen konnte.
Von Budget was ich für zusätzliches Equipment, Garnitur und co bekommen habe, hab ich dann noch Luxardo Maraschino und kleine Degenpicker gekauft. Dann hab ich entkernte Kirschen gekauft und in den Maraschino, Amaretto und viel Zucker eingelegt. Die sollten zusammen mit 30 Zitronen und viel frischer Minze für einen angenehmen nicht überladenen Anblick sorgen.
Irgendwann war dann auch der Abend gekommen, 17 Uhr treffen und Arbeitsplätze aufbauen war angesagt.
Und dann kam die erste Panne. Einer meiner Barkeeper springt kurzfristig ab. Egal, ich bleibe optimistisch. Klappt schon.
Die Arbeitsplätze werden nach einem zuvor geprobten System aufgebaut. Jeder 2 Shaker, 3 Jigger (Freepouring schmeckt mir nicht), 3 Rührlöffel, einen Eiseimer, Schneidebrett samt Messer und Barstößel für den Mojito + noch anderer Kleinkram wie Behälter für Zitrone, Minze und Kirschen.
Dann gings los. Die ersten Gäste stürmten zur Cocktailbar ... und fragten nach Sekt und Bier ... woraufhin wir sie freundlich an die andere Getränketheke vervweisen mussten.
1 Cocktail alle 10 Minuten.
Alles ist ruhig. Entspannt.
Und plötzlich bricht das absolute Chaos los. 30 Leute versammeln sich vor der Bar nach dem unser grottenschlechtes Schulorchester sein Programm beendet hat.
2 Barkeeper geben Vollgas.
Aber alles läuft ordentlich, wir nehmen uns zwischen je 3 Kunden die Zeit einmal kurz sauber mit einem Lappen alles abzuwischen. Unser Spülteam funktioniert.
Alles ist super: wir werden für unsere Professionalität, die Güte der Cocktails und unsere Sorgfalt gelobt und gefeiert.
Die Routine sitzt und die Geschwindigkeit geht nicht zukosten der Qualität. So hatte ich mir das vorgestellt.
Der Zufluss nimmt keine Pause.
Und wir kriegen auch Keine.
Irgendwann bricht die ganze Idylle zusammen.
Das Spülteam ist weg.
Keine sauberen Shaker, Löffel oder Gläser mehr.
Die 4 Schüler die aus der 10ten Klasse dafür abgestellt wurden, haben sich an die Biertheke verzogen.
Nachdem ich in schroffem Kommandoton (der im Nachhinein vielleicht etwas zu schroff war. Effektiv jedoch war er. Und zu den Kunden waren wir immer charmant und freundlich) alles wieder ins Lot gebracht hatte, was so etwa 20 Minuten brauchte, gings weiter.
Erst so gegen halb2 flachte der Zustrom an Kunden ab
Und gegen 2 war die Veranstaltung zuende.
Aber nicht für uns. Noch eine Stunde putzen, sortieren und wegschließen.
Dann ... nach knappen 10 Stunden Arbeit (ohne Pause) ... Feierabend und noch ein letztes Bier von der geschlossenen Biertheke stibitzt. Das erste und letzte an dem Abend.(Hab nur noch ein paar von meinen Kirschen genascht, hehe)
600 Leute ordentlich versorgt, Stresssituationen gemeistert und noch ein paar 100 Euro Plus gemacht.
Glaubt mir, wir waren zufrieden mit uns.
Und so stressig es war und so unendlich mies das bezahlt wurde - ich würds wieder machen.
Es hat so viel Spaß gemacht wirklich hinter der Bar zu stehen und so gut getan, wenn sich die Leute wirklich über ihren Cocktail gefreut haben.
Klar, es war nur ein kleines Catering ... aber irgendwie hab ich gerade wieder das Gefühl, das mein alter Wunschtraum ein echter Barkeeper zu sein gerade ein Loch in meine Motivation zu studieren frisst.
Natürlich .. echte Barkeeper haben 100mal mehr Arbeit.
Aber trotz der anstrengenden 10 Stunden und der Tage der Organisation und Diskussion davor war ich am Ende wirklich zufrieden ...
Keine Ahnung warum ich das hierhin schreibe.
Ich dachte vielleicht interessierts ja wen oder irgendwer der sich vorher nicht getraut hat solche Jobs anzunehmen, machts jetzt doch.
Eine starker Erfahrung ist es jedenfalls. Und mit 2 Leuten + Spülteam und etwas straffer Orga sind 600 Leute gut zu stemmen.
Und es macht wirklich viel Spaß.
Vielleicht krieg ich ja bald die Chance mal etwas mehr Geld zu vermixen. Schön fänd ichs.
Und jetzt hab ich mir erstmal meinen Whitley Neill und noch ein paar Flaschen gekauft!
Zum Wohl!
Houdin