Danke euch beiden schon mal für eure Einschätzungen.
Ich war in der Zwischenzeit selbst umtriebig gewesen und habe mir den
Ettaler Kloster Liqueur grün zugelegt. Der kommt preislich genau wie der Andechser zu 15 EUR für die Halbliterflasche und hat immerhin 40% statt 38%.
Hier kurz die Verkostungsergebnisse; zunächst pur:
Optisch: Chartreuse Verte schimmert ja bekanntlich grün im Glas. Der Ettaler hingegen ist blass-hellgelb mit einem minimalen, eher nur zu erahnenden Grünstich.
Geruch: Chartreuse empfängt einen gleich mit dem vollen Aromenbouquet; der Ettaler hingegen riecht fast gar nicht.
Geschmack: Chartreuse bietet von Beginn eine Aromenexplosion, die sich quasi in alle Richtungen ausbreitet. Garniert wird das Ganze von einer öligen Süße. Die immerhin 55% sind anfangs kaum bemerkbar, brennen dann im Abgang allerdings recht lange nach. Der Ettaler kann hier nicht mithalten. Das Aroma ist eher ein flaches "Wiesenkräuter"-Aroma, dazu gesellt sich eine leicht medizinische Note. Süß ist er ebenfalls, allerdings nicht so ölig.
Letztlich ein klarer Punktsieg also für Chartreuse Verte.
Das ließ für den Einsatz im Cocktail - den
Beuser & Angus (für mich
die Referenz, wenn es um Chartreuse Verte im Cocktail geht) - Schlimmstes befürchten. Hier erstmal das von mir angewandte Rezept:
5 cl des entsprechenden Likörs
1,5 cl Maraschino (Luxardo)
2 cl Limettensaft
1 TL Zuckersirup
1/2 Eiweiß
Dashes Orangenblütenwasser (Spice Islands; ein Produkt aus der Backwarenabteilung von Edeka)
Das Original (das im Übrigen selbstverständlich nicht "Original", sondern "Special" heißt) setzt natürlich wieder die Benchmark. Ein wunderbar kraftstrotzender, nichtsdestoweniger ausgewogener Cocktail. Maraschino ist präsent, fügt sich aber harmonisch ein (was bei Maraschino ja nicht unbedingt die Regel ist

). Einfach ein klasse Drink.
Der
Beuser & Angus Ettal kann da, wie zu erwarten, nicht ganz mithalten. Aber wenn wir schon mal bei Erwartungen sind: Er schlägt sich um Längen besser, als das nach der Pur-Verkostung eben zu erwarten bzw. vielmehr zu befürchten war. Er ist natürlich beileibe nicht so aromenstark wie sein großes Vorbild. Auch geht Maraschino hier ein bisschen unter; und die Säure der Limette ist nicht ganz austariert (liegt womöglich an den nur 40% im Gegensatz zu den 55% von Chartreuse). Das sind allerdings nur Stellschrauben, ansonsten ist das ein durchaus stimmiger Drink. Wahrscheinlich ist die Rezeptur von Goncalo de Sousa Monteiro einfach so gut, dass sie auch mit anderen vergleichbaren Likören funktioniert und nicht nur mit Chartreuse Verte.
Fazit: Wer den Beuser & Angus Special nicht kennt oder ihn für einen Moment lang ausblenden kann (inklusive v.a. der Diskussionen und/oder Vergleiche über bzw. mit ihm), der findet hier eine vom (derzeitigen) Preis-Leistungs-Verhältnis her interessante Alternative, die es zumindest wert ist, getestet zu werden.
Meine Suche geht natürlich trotz alledem weiter. V.a. der Genepi Dolin reizt mich nach wie vor...

Also: 2B continued...