Deutscher Weinbrand
Tradition wird ernst genommen
In allen Ländern Europas warten die aus Wein gebrannten Spirituosen mit einer langen Geschichte auf. Ein Dokument aus dem 14. Jahrhundert belegt, dass man sich damals auch hierzulande auf die Herstellung solch hochprozentiger Destillate verstand. Allerdings war auch dabei der Ursprung eher medizinischer Natur, konnte man einen gebrannten Wein doch in Apotheken, vor allem als Medizin kaufen.
Der deutsche Weinbrand wird oft mit der Romantik am Rhein in Verbindung gebracht. Tatsächlich sind hier auch einige bedeutende Erzeuger beheimatet, wenngleich die Weine inzwischen fast ausschließlich aus dem Ausland stammen.
Definiton
Erst im Jahre 1971 wurde der Begriff »Weinbrand« offiziell für in Deutschland aus Wein hergestellten Trinkbranntwein geschützt. Ursprünglich bezeichnete man auch hierzulande die Weinbrände als »Cognac« oder »Cognacker Franz-Branntwein«. Man sagt, Hugo Asbach habe den Ausdruck »Weinbrand« erstmalig geprägt. Die Unterzeichnung des Versailler Vertrages im Jahre 1919 untersagte den deutschen Weinbrennern, weiterhin ihre Erzeugnisse »Cognac« zu nennen. Von diesem Zeitpunkt an bürgerte sich die Gattungsbezeichnung »Weinbrand« als legitimer Begriff ein.
Während des letzten Drittels des 19. Jahrhunderts hatte der deutsche Weinbrand noch kein rechtes Profil. Damit stand er allerdings nicht alleine da, denn auch in anderen Ländern hatte die zuerst in der Charente - der Cognac-Region - sich ausbreitende Reblauskatastrophe für unüberschaubare Verhältnisse gesorgt.
Die verwüsteten Weinberge Frankreichs und natürlich insbesondere der Charente konnten die zur Cognac-Erzeugung notwendigen Ausgangsweine nicht mehr hervorbringen, so dass man aus Deutschland, Ungarn, Italien oder sonst irgendwoher importierte Weine freudig aufnahm, um daraus »echten« Cognac zu erzeugen. In manchen Fällen wurde zur Herstellung dieses Produkts ein Zehntel Weindestillat mit neun Teilen anderem agrarischem Alkohol vermischt. Während dieser Zeit setzte sich der Begriff »Cognac« als Allerweltsbegriff fest. Die Deutschen benutzten ihn ebenso unbefangen für ihre Erzeugnisse wie Italiener, Ungarn oder Franzosen selbst.
Gedanken um einen neuen Namen
Mittlerweile hatte der Ruf des ursprünglich hoch angesehenen französischen Weinbrands dermaßen gelitten, dass man sich in Deutschland Gedanken um einen neuen Namen machen musste. Auch der seit dem 17. Jahrhundert gebräuchliche Begriff »Franz-Branntwein«, einstmals Gütezeichen für echten Brannt aus Wein, war der Gesundheit und dem Wohlbefinden zuträglichen Elixieren aus der Apotheke vorbehalten. Darüber hinaus bezeichnete man mit Branntwein inzwischen nicht nur Kornbrannt, sondern auch Kartoffelsprit und Melassedestillate. Im nachhinein lag es also nahe, das Gegenstück des Kornbrannts nun »Weinbrand« zu nennen. Tatsächlich belegen entsprechende Quellen, dass der Destillateur Hugo Asbach diesen Ausdruck als erster für seine Produkte verwendete. In einer Preisliste von 1896 erscheint unter den »Edelsten Erzeugnissen der Weinbrennerei« neben Cognac-Charente und Cognac-Cabinet auch ein Cognac-Weinbrand, der in Drei- und Viersterne-Qualität angeboten wurde. Im Jahre 1902 unterrichtet das Haus Asbach seine Kunden darüber, dass »für Cognac, der keinen Industriesprit enthält, der Name Cognac-Weinbrand zur Einführung gelangt.« Einige Jahre später, bei der Eintragung des Namens »Asbach Uralt« im kaiserlichen Patentamt, benutzt man bereits die Formulierung Weinbrand-Cognac. 1911 schließlich wird in einer Preisliste von der »Gesamterzeugung von Weinbrand« gesprochen. Der Begriff »Cognac« wurde also gänzlich fallen gelassen. Da Hugo Asbach seine Wortschöpfung nicht schützen ließ, bürgerte sich das Wort Weinbrand von nun an in Deutschland ein, obwohl die gesetzliche Grundlage dafür erst 1971 geschaffen wurde.
die heutige Situation
Heute stellt sich die Situation des deutschen Weinbrands ohnehin völlig anders dar. Von einzelnen Ausnahmen einmal abgesehen beziehen die großen Markenerzeuger ihre Brennweine aus Frankreich, hier vor allem aus der Charente, und aus Italien. Die in Deutschland wachsenden Trauben werden nämlich fast ausnahmslos zu Wein verarbeitet. Damit die importierten Weine den langen Transport unbeschadet überstehen, werden sie in vielen Fällen durch Alkoholzusatz auf 23 % verstärkt. In den letzten Jahrzehnten sind sich die Erzeuger ihrer Position bewusst geworden und haben durch stetige Qualitätsverbesserung, aber auch aufgrund neuer Präsentationsformen, das Image des deutschen Weinbrands entscheidend steigern können.
edle Weinbrände ausS Deutschland
Viele Häuser bieten neben ihren klassischen Standardprodukten auch edle Erzeugnisse im gehobenen und hohen Preissegment an. Ein Beispiel hierfür ist der »Asbach Selection Extra Old«, für den nur allerbeste Charente-Weine ausgesucht werden und nach einem zweistufigen Brenndurchgang Jahrzehnte in alten Eichenfässern reifen. Nach einem sorgfältigen Verschnitt wird der rare »Selection« in exclusive Glaskaraffen gefüllt.
Inzwischen ist jede vierte in Deutschland hergestellte Spirituosenflasche mit Weinbrand gefüllt. Diese Tatsache zeugt einerseits von der anhaltenden Beliebtheit dieses Produkts, auf der anderen Seite wird von den großen Herstellern erwartet, dass die jeweiligen Brände in stets gleicher Qualität und natürlich auch mit wiedererkennbaren, markentypischen Geschmackseigenschaften erzeugt werden. Grundsätzlich unterscheidet sich die Herstellung deutscher Weinbrände kaum von den Methoden in Frankreich, Spanien oder Italien. Sowohl der Destillationsvorgang als auch die anschließende Lagerung in Eichenfässern unterliegt natürlich auch gesetzlichen Vorgaben. Gebrannt wird in kontinuierlichen oder nicht kontinuierlich arbeitenden Anlagen. Für die Standard-Blends ist eine anschließende Lagerzeit von mindestens sechs Monaten in Fässern, die höchstens 1000 Liter fassen dürfen, vorgeschrieben. Werden Bezeichnungen wie »Alter Weinbrand« oder »Uralt« verwendet, so ist eine Reife von mindestens einem Jahr obligatorisch. Zur Lagerung greift man dann in den meisten Fällen auf kleinere Fässer mit einem Volumen von nur 300 Litern zurück. Als Zusatzstoffe sind, so wie in anderen Ländern auch, Karamell, Früchte und Nüsse zugelassen. Letztendlich kommt natürlich dem Verschnitt auch hier eine besondere Bedeutung zu. Aus den Bränden verschiedener Herkunft und vor allem unterschiedlichen Alters werden von erfahrenen Fachleuten harmonische Mischungen, die nicht selten aus 25 und mehr Destillaten bestehen, zusammengestellt.
große Namen - wenige Firmen
Im Zuge der Fusion traditioneller Familienbetriebe sind in den letzten Jahren einige große Unternehmen entstanden, unter deren Firmendächern sich die meisten der bekannten Weinbrandmarken zusammengefunden haben. Dabei hat gerade das persönliche Engagement der Firmengründer dazu geführt, dass die einzelnen Markennamen heute immer noch einen solch guten Ruf genießen. Neben dem an anderer Stelle ausführlich erwähnten Hause Asbach gilt dies auch für den Namen Both. Die beiden Winzersöhne Anton Josef und Peter Josef Both erwarben 1886 die Weinhandlung »Geschw. Risch« am Kanonenwall in Ahrweiler. Innerhalb weniger Jahrzehnte war aus dem bescheidenen Anwesen eine der bedeutendsten Weinbrennereien des Landes entstanden. Viel weiter zurück reicht die Geschichte des Hauses Dujardin. Bereits 1743 erhielt Henricus Melcher das verbriefte Recht, in Uerdingen am Niederrhein als »patentyrter Brannteweinbrenner« tätig werden zu dürfen. Allerdings begann erst sein Sohn mit der Herstellung von Weinbrand. Einer der bedeutendsten Weinlieferanten des Hauses war die Familie Dujardin auf dem Chäteau des Merigots in der Charente. Aus dieser Zusammenarbeit entstand schließlich die Firma Dujardin & Co, vorm. Gebr. Melcher.
Quelle: Ulrich Höschen - "Das große Buch der feinen Spirituosen" -Verlag Naumann&Göbel